(Kiel) Der unter anderem für das Markenrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union in zwei Verfahren Fragen zur rechtserhaltenden Benutzung von Marken zur Vorabentscheidung vorgelegt.

Darauf verweist der Frankfurter Rechtsanwalt und Fachanwalt für gewerblichen Rechtsschutz Dr. Jan Felix Isele von der Kanzlei DANCKELMANN UND KERST, Vize-Präsident der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die entsprechende Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 24.11.2011 zu seinen Beschlüssen vom 17. August 2011 – I ZR 84/09 – PROTI und 24. November 2011 – I ZR 206/10 – Stofffähnchen II.

Der Kläger des ersten Verfahrens ist Inhaber der Marke „PROTI“. Er sieht in der Verwendung der Bezeichnung „Protifit“ durch den Beklagten eine Verletzung seiner Rechte an der Marke „PROTI“. Der Beklagte hat die Einrede mangelnder Benutzung erhoben, weil der Kläger die Marke „PROTI“ nur in einer abgewandelten, ebenfalls als Marke eingetragenen Form benutzt hat.

Ein weiteres Verfahren betrifft einen Rechtsstreit von Levi Strauss & Co. gegen ein Einzelhandelsunternehmen. Levi Strauss ist Inhaberin verschiedener nationaler und internationaler Marken unter anderem einer für Hosen eingetragenen Gemeinschaftsbildmarke. Nach der Beschreibung im Markenregister handelt es sich um eine Positionsmarke, die aus einem roten rechteckigen Label aus textilem Material besteht, das oben links in die Gesäßtasche von Hosen, Shorts oder Röcken eingenäht ist und aus der Naht hervorsteht. Die Beklagte brachte seit September 2001 Jeanshosen auf den Markt, die an der rechten Seitennaht der Gesäßtasche mit einem roten Stofffähnchen versehen sind. Die Klägerin betrachtet dies als Verletzung ihrer Markenrechte. Die Beklagte hat sich darauf berufen, die Klägerin habe die Klagemarke ausschließlich in abgewandelter Form und zwar mit der Aufschrift „LEVI’S“ benutzt. Die tatsächlich verwendete Form sei ebenfalls als Marke registriert; deshalb sei nur diese Marke und nicht auch die Positionsmarke rechtserhaltend benutzt worden.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat in einem Urteil aus dem Jahr 2007 entschieden, dass eine eingetragene Marke nicht durch die Verwendung eines abgewandelten Zeichens rechtserhaltend benutzt werden kann, wenn dieses abgewandelte Zeichen ebenfalls als Marke eingetragen ist (EuGH, Urteil vom 13. September 2007 – C-234/06, GRUR 2008, 343 Rn. 86 BAINBRIDGE). Der Bundesgerichtshof hat die bei ihm anhängigen zwei Revisionsverfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof der Europäischen Union mehrere Fragen zur Reichweite dieser Aussage vorgelegt. Diese betreffen in dem Verfahren „PROTI“ die Vereinbarkeit des § 26 Abs. 3 Satz 2 des deutschen Markengesetzes mit der Markenrechtsrichtlinie. Die Bestimmung des § 26 Abs. 3 Satz 2 MarkenG gestattet die rechtserhaltende Benutzung einer Marke in einer abgewandelten, ebenfalls als Marke eingetragenen Form, wenn die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Nach Ansicht des Bundesgerichtshofs verstößt die deutsche Bestimmung nicht gegen die Markenrechtsrichtlinie. Zur Begründung seiner Ansicht hat der Bundesgerichtshof im Wesentlichen auf das erhebliche wirtschaftliche Interesse der Markeninhaber abgestellt, ihre häufig wertvollen älteren Marken zu modernisieren, ohne den Markenschutz und damit die Priorität der älteren nicht mehr benutzten Marke zu verlieren.

Das zweite Verfahren um die Rechte aus dem roten Label an den Jeanshosen von Levi Strauss unterscheidet sich von dem ersten Verfahren dadurch, dass die benutzte, als Marke eingetragene Form (rotes Stofffähnchen mit der Aufschrift LEVI’S) eine Kombination von zwei weiteren Marken des Markeninhabers ist (Marke „rotes Stofffähnchen“ und Wortmarke „LEVI’S“) und die zusammengesetzte Marke keine geringfügige Abwandlung der aus den einzelnen Bestandteilen bestehenden Marken darstellt. Der Bundesgerichtshof möchte im Interesse einer effektiven Durchsetzung der Markenrechte auch in einem solchen Fall von einer rechtserhaltenden Benutzung eines als Marke eingetragenen Zeichenbestandteils durch Verwendung der zusammengesetzten Marke ausgehen. Der Markeninhaber hat ein schützenswertes Interesse, auch einen einzelnen Bestandteil einer zusammengesetzten Marke eintragen zu lassen, der vom Verkehr als eigenständiges Kennzeichenmittel aufgefasst wird. Dies ist nach Ansicht des Bundesgerichtshofs bei dem roten Label von Levi Strauss der Fall.

Rechtsanwalt Dr. Isele empfahl, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

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