(Kiel) Das Bundesarbeitsgericht hat am 25.06.2009 VIIIA ZR 258/08 entschieden, daß auch dann ein Betriebsübergang vorliegen kann, wenn das neue Unternehmen erweiterte und komplexere Dienstleistungen anbietet.

Voraussetzung hierfür ist , so der Hamburger Rechtsanwalt und Lehrbeauftragte für Arbeitsrecht Stefan Engelhardt, Landesregionalleiter Hamburg der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, daß der Erwerber einen nach Zahl und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernimmt. Im entschiedenen Fall ging es um ein Call-Center, das geschlossen wurde und dessen Aufgaben durch ein neu gegründetes Unternehmen, das zum selben Konzern gehörte, übernommen wurde.


Die Klägerin war in dem von der Beklagten zu 1) betriebenen Call-Center als Trainer-Assistentin beschäftigt. Ende August 2006 wurde die Beklagte zu 2) gegründet. Ihr Betriebszweck war die Fortführung der Dienstleistung der Beklagten zu 1), dies allerdings in einem erweiterten und komplexeren Umfang. Beide Unternehmen gehören demselben Konzern an.


Die Beklagte zu 1) beschloß im Juni 2006 die Betriebsstillegung zum 31.03.2007, so daß alle unbefristeten Beschäftigten von der Beklagten zu 2) ein Angebot zum Abschluß neuer Arbeitsverträge zu geänderten Arbeitsbedingungen erhielten. Die befristeten Beschäftigten erhielten ein solches Angebot nicht, wurden allerdings überwiegend bei der Beklagten zu 2) eingestellt, nachdem sie sich entsprechend bewarben.


Von den unbefristet Beschäftigten nahm ein Großteil das Angebot der Beklagten zu 2) an.


Die Klägerin lehnte jedoch den Abschluß eines Arbeitsvertrages mit der Beklagten zu 2) mit einer geringeren Vergütung ab, worauf hin die Beklagte zu 1) das Arbeitsverhältnis zum 31.03.2007 kündigte.


Mit iIhrer Kündigungsschutzklage machte die Klägerin geltend, daß die Kündigung unwirksam sei, weil ein Betriebsübergang auf die Beklagte zu 2) stattgefunden habe. Die Tätigkeit der Beklagten zu 2) baue vollständig auf die der Beklagten zu 1) auf, es habe lediglich eine Erweiterung des Aufgabenkreises stattgefunden. Die Beklagte zu 2) bestritt dies und führte insbesondere aus, daß lediglich eine Funktionsnachfolge vorliege, weil sie keine Betriebsmittel übernommen habe.


Das Arbeitsgericht hatte der Klage stattgegeben, das Landesarbeitsgerichts hatte sie abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte Erfolg, betont Engelhardt.


Das BAG hat dazu ausgeführt, daß die Kündigung gemäß § 613 a Abs. 4 Satz 1 BGB unwirksam ist, weil ein Betriebsübergang vorliegt.


Bei einem Call-Center kommt es für die wirtschaftliche Wertschöpfung in erster Linie auf die Tätigkeit der Mitarbeiter und nicht auf sächliche Betriebsmittel an. Somit ist im Streitfall nicht entscheidend, daß die Beklagte keine Betriebsmittel übernommen, sondern neue Räume bezogen und eine neue Telefonanlage angeschafft hat.


Maßgeblich ist vielmehr, daß sie einen nach Zahl- und Sachkunde wesentlichen Teil des Personals übernommen hat. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß die Beklagte zu 2) wesentlich erweiterte und komplexere Dienstleistungen anbiete als die Beklagte zu 1), so daß Schulungen der Mitarbeiter erforderlich waren.


Das Erfordernis der Sachkunde ist auch erfüllt, wenn die übernommenen Mitarbeiter noch weiter geschult werden müssen, um die schwierigeren neuen Aufgaben beim Betriebsübernehmer erfüllen zu können, wenn dies auf dem bereits vorhandenen Wissen und Können aufbaut.
Engelhardt empfahl, das Urteil zu beachten und bei ähnlichen Fällen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen und verwies in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  –


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