(Kiel) Ein Beru­fungs­gericht, das es in einem Ver­fahren zur Abberu­fung eines Geschäfts­führers aus wichtigem Grund wegen eines unheil­baren Zer­würfniss­es mit einem Mit­geschäfts­führer bei ein­er GmbH ver­säumt, entschei­dungser­he­blichen, unter Beweis gestell­ten Vorträ­gen der Beklagten im Hin­blick auf Pflichtver­let­zun­gen des Klägers als für den kaufmän­nis­chen Bere­ich ver­ant­wortlich­er Geschäfts­führer nicht oder allen­falls vorder­gründig in den Blick zu nehmen oder zu würdi­gen, ver­stößt gegen den Grund­satz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG).

Darauf ver­weist der Nürn­berg­er Steuer­fachan­walt Dr. Nor­bert  Giesel­er, Vizepräsi­dent der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­wies auf einen am 17.03.2009 veröf­fentlicht­en Beschluss des Bun­des­gericht­shofs (BGH) vom 12.01.2009 – AZ.: II ZR 27/08 -:


In der Entschei­dung ging es um die Abberu­fung eines Geschäfts­führers aus wichtigem Grund wegen eines unheil­baren Zer­würfniss­es mit einem Mit­geschäfts­führer bei ein­er Zweiper­so­n­en-GmbH, bei dem das Beru­fungs­gericht, hier das Ober­lan­des­gericht Bran­den­burg,  entschei­dungser­he­blichen Vorträ­gen der Beklagten nicht oder nicht umfassend genug nachgekom­men war und die Revi­sion gegen sein Urteil nicht zuge­lassen hat­te. Der BGH hielt die dage­gen gerichtete Nichtzu­las­sungs­beschw­erde der Beklagten für begrün­det und hat das ange­focht­ene Urteil aufge­hoben und die Sache an einen anderen Sen­at des Beru­fungs­gerichts zurück­ver­wiesen, betont Gieseler.


Zur Begrün­dung habe der BGH darauf ver­wiesen, das sich das Beru­fungs­gericht bei sein­er der Klage stattgeben­den Entschei­dung im Kern nur mit einem Teil des Beklagten­vor­trags, näm­lich der Frage befasst habe, ob die unstre­it­ig gegebene tief greifende Zer­rüt­tung des Ver­hält­niss­es der Gesellschafter-Geschäfts­führer von dem Kläger maßge­blich verur­sacht wor­den ist. Zwar war das Beru­fungs­gericht insoweit grund­sät­zlich nicht an ein­er — von dem Landgericht abwe­ichen­den — tatrichter­lichen Würdi­gung des fest­gestell­ten Sachver­halts gehin­dert. Jedoch durfte es sich bei sein­er die Unwirk­samkeit von Abberu­fung und Kündi­gung fest­stel­len­den Entschei­dung nicht darauf beschränken, ein vom Kläger (mit-)verursachtes, unheil­bares Zer­würf­nis zwis­chen den bei­den Geschäfts­führern zu verneinen; es war vielmehr gehal­ten, wenn es anders als das Landgericht in diesem Sachver­halt­skom­plex allein keinen wichti­gen Grund find­en kon­nte, sich mit den von der Beklagten darüber hin­aus dem Kläger vorge­wor­fe­nen weit­eren “wichti­gen Grün­den” für dessen Abberu­fung von seinem Geschäfts­führeramt und die gle­ichzeit­ige außeror­dentliche Kündi­gung seines Anstel­lungsver­trages in ver­fahren­srechtlich ein­wand­freier Weise auseinandersetzen.


Das, so ergänzt auch sein Pots­damer Kol­lege, Recht­san­walt und Fachan­walt für Steuer­recht sowie Han­dels- und Gesellschaft­srecht Dr. Andreas Klose,  habe das Beru­fungs­gericht unter Ver­stoß gegen den Grund­satz des rechtlichen Gehörs (Art. 103 GG) ver­säumt, weil es entschei­dungser­he­blichen, unter Beweis gestell­ten Vor­trag der Beklagten im Hin­blick auf die  Pflichtver­let­zun­gen des Klägers hier  als für den kaufmän­nis­chen Bere­ich ver­ant­wortlich­er Geschäfts­führer nicht oder allen­falls vorder­gründig in den Blick genom­men und gewürdigt habe.


So habe die Beklagte u.a. bere­its in der Klageer­widerung und nochmals in der Beru­fungser­widerung dezi­diert und unter Beweisantritt behauptet, der Kläger habe als ver­ant­wortlich­er Geschäfts­führer für den kaufmän­nis­chen Bere­ich pflichtwidrig die Jahresab­schlüsse 2004 und 2005 nicht beim Finan­zamt ein­gere­icht, auch sei der Jahresab­schluss 2003 nicht voll­ständig erstellt wor­den; fern­er sei seit Grün­dung der Gesellschaft im Jahre 2000 niemals ein Jahresab­schluss beim Reg­is­terg­ericht ein­gere­icht wor­den. Bere­its dieses Vor­brin­gen sei  entschei­dungser­he­blich, weil nach der Recht­sprechung des Sen­ats die Ver­let­zung von Buch­führungspflicht­en, ins­beson­dere die Nichtein­re­ichung der Jahresab­schlüsse beim Finan­zamt, eine schw­er­wiegende Pflichtver­let­zung des hier­für ver­ant­wortlichen Geschäfts­führers darstelle.


Das Beru­fungs­gericht war sein­er Verpflich­tung, diesem eine Abberu­fung und Kündi­gung des Klägers aus wichtigem Grund recht­fer­ti­gen­den Vor­brin­gen der Beklagten nachzuge­hen, nicht etwa dadurch enthoben, dass es gemeint habe, eine ein­seit­ige Zuweisung von Ver­ant­wor­tung zu Las­ten des Klägers lasse sich wegen “uner­lässlich­er Mitwirkung bei­der Gesellschafter” nicht ohne weit­eres fest­stellen. Mit dieser lap­i­daren und vorder­gründi­gen Erwä­gung verkenne das Beru­fungs­gericht offen­sichtlich den Kern des Vor­wurfs der Beklagten, die in diesem Zusam­men­hang auf die insoweit unstre­it­ige interne Ressortzuständigkeit des Klägers verweise.


Unstre­it­ig war der Kläger — von Beruf Recht­san­walt — auf satzungsrechtlich­er Grund­lage im Wege der inter­nen Geschäftsverteilung bei der Beklagten für den kaufmän­nis­chen Bere­ich und damit sowohl für die Auf­stel­lung des Jahresab­schlusses im Sinne der Zusam­men­fas­sung der Zahlen der Buch­führung zum Ende des Geschäft­s­jahres nach den Regeln der kaufmän­nis­chen Buch­führung (vgl. § 41 Gmb­HG, §§ 242, 264 HGB) als auch für die Ein­re­ichung der Jahresab­schlüsse beim Reg­is­terg­ericht und beim Finan­zamt ver­ant­wortlich, während die Mit­geschäfts­führerin L., von Beruf Kranken­schwest­er, für den tech­nis­chen Bere­ich der Altenpflege im Rah­men des Gesellschaft­szwecks zuständig war. Diese Auf­gaben­verteilung bei der Geschäfts­führung und damit die interne Ver­ant­wortlichkeit des Klägers für die ihm vorge­wor­fe­nen Pflicht­en­ver­stöße sei unab­hängig davon, dass let­ztlich die abschließende Entschei­dung über die Auf­stel­lung des Jahresab­schlusses und des Lage­berichts eine Gesamt­geschäfts­führungs­maß­nahme darstelle; denn dass etwa die Mit­geschäfts­führerin L. ihren Mitwirkungspflicht­en bei der abschließen­den Gesam­tentschei­dung über die Auf­stel­lung der intern vom Kläger “abschlussfer­tig” vorzu­bere­i­t­en­den Jahresab­schlüsse oder gar bei den — den Gesellschaftern obliegen­den ‑Bilanzfest­stel­lun­gen (§ 46 Nr. 1 Gmb­HG) nicht nachgekom­men wäre, habe nicht ein­mal der Kläger behauptet.


Die Beklagte habe weit­er vor­ge­tra­gen, dass nach der Ver­längerung des Pachtver­trages die Abrech­nung des Umsatz­pach­tan­teils jährlich nach Vor­lage des Jahresab­schlusses der Beklagten inner­halb der han­del­srechtlichen Frist vorgenom­men wer­den sollte. Auf­grund der — dem Kläger anzu­las­ten­den — unter­lasse­nen Vor­lage des Jahresab­schlusses der Beklagten inner­halb der han­del­srechtlichen Frist und ver­bun­den damit der fehlen­den Pachtzin­szahlung sei es let­ztlich zur Kündi­gung des Pachtver­trages durch den Ver­pächter gekom­men; nach dem vorgelegten Schreiben des Zwangsver­wal­ters vom 26. Mai 2006 seien Jahresab­schlüsse regelmäßig ver­spätet vorgelegt worden.


Auch diese Vor­würfe betr­e­f­fen die dem Kläger nach der inter­nen Geschäftsverteilung obliegende kaufmän­nis­che Geschäfts­führung und stellen — sofern sie sich als zutr­e­f­fend erweisen soll­ten — eine schw­er­wiegende Pflichtver­let­zung dar, die das Beru­fungs­gericht ver­fahrens­fehler­haft nicht in die gebotene Gesamtwürdi­gung bei der Frage des Vor­liegens eines wichti­gen Grun­des zur Abberu­fung bzw. Kündi­gung des Klägers als Geschäfts­führer ein­be­zo­gen habe.


Das Beru­fungs­gericht werde in der neuen Beru­fungsver­hand­lung hierzu die erforder­lichen Fest­stel­lun­gen tre­f­fen müssen.


Insoweit wies der Sen­at u. a. noch auf Fol­gen­des hin, betont Klose:


Es reiche nach der Recht­sprechung des Sen­ats zur Abberu­fung eines Geschäfts­führers aus wichtigem Grund wegen eines unheil­baren Zer­würfniss­es mit einem Mit­geschäfts­führer aus, dass zwei oder mehrere Geschäfts­führer untere­inan­der so zer­strit­ten seien, dass eine Zusam­me­nar­beit zwis­chen ihnen nicht mehr möglich ist, In einem solchen Fall könne jed­er von ihnen jeden­falls dann abberufen wer­den, wenn er durch sein — nicht notwendi­ger­weise schuld­haftes — Ver­hal­ten zu dem Zer­würf­nis beige­tra­gen hat.


Soweit die Vorin­stanzen hier darauf abgestellt haben, dass der abzu­berufende Geschäfts­führer zu dem Zer­würf­nis “entschei­dend” oder “maßge­blich” beige­tra­gen haben müsse, sei das nur insoweit zutr­e­f­fend, als damit die “Wesentlichkeit” dieses wichti­gen Grun­des charak­ter­isiert wer­den soll. Nicht erforder­lich sei demge­genüber, dass etwa der Verur­sachungsan­teil des Abzu­berufend­en den­jeni­gen des Mit­geschäfts­führers über­wiege. Denn anders als dies teil­weise vertreten werde, habe das etwa bei­den Geschäfts­führern infolge ihres jew­eili­gen Ver­hal­tens anzu­las­tende tief greifende unheil­bare Zer­würf­nis nicht zur Folge, dass bei ein­er Zweiper­so­n­enge­sellschaft nur ein­er der Geschäfts­führer auss­chei­den müsse, während der andere bleiben darf; vielmehr liege es in der Kon­se­quenz der ständi­gen Sen­at­srecht­sprechung, dass — je nach Beschlus­slage — jed­er der bei­den Gesellschafter-Geschäfts­führer den anderen als Geschäfts­führer abberufe bzw. ihm kündi­ge, weil wech­sel­seit­ig wesentliche Ursachen für das Zer­würf­nis geset­zt wor­den seien.
Giesel­er und Klose mah­n­ten, es bei der­ar­ti­gen Stre­it­igkeit­en am besten erst gar nicht soweit kom­men zu lassen und bere­its im Vor­feld um Recht­srat nachzusuchen,  wobei sie u. a. auch auf die  DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de verwiesen.


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Dr. Andreas Klose
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