(Kiel) Der BunÂdesÂgerichtÂshof hat soeben eine EntscheiÂdung darüber getrofÂfen, ob bei der BehandÂlung eines deutschen PatienÂten in einem SchweizÂer KanÂtonÂsspiÂtal nun im StreÂitÂfall deutsches oder SchweizÂer Recht zur AnwenÂdung kommt.
Darauf verÂweist der Stuttgarter RechtÂsanÂwalt und FachanÂwalt für Arbeits- und Erbrecht Michael Henn, VizepräsiÂdent der DASV Deutsche Anwalts- und SteuerÂberÂaterÂvereÂiniÂgung für die mitÂtelÂständisÂche Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter HinÂweis auf die MitÂteilung des BunÂdesÂgerichtÂshofs (BGH) zum Urteil vom 19. Juli 2011- VI ZR 217/10.
Der Kläger nimmt den beklagten SchweizÂer Arzt wegen unzureÂichenÂder AufkÂlärung über die mit einÂer MedikaÂmenteneinÂnahme verÂbunÂdeÂnen Risiken auf SchadenserÂsatz in Anspruch.
Am 13. Juli 2004 stellte sich der in DeutschÂland wohnÂhafte Kläger in dem von dem SchweizÂer KanÂton Basel-Stadt betriebeÂnen UniÂverÂsitätsspiÂtal zur ambuÂlanten BehandÂlung einÂer chroÂnisÂchen HepatiÂtis C‑Erkrankung vor. Die ersten Gespräche und UnterÂsuchunÂgen erfolÂgten am 13. und 15. Juli 2004 durch Prof. Dr. B.. Am 26. Juli 2004 überÂnahm der beim SpiÂtal beschäftigte Beklagte die weitÂere BehandÂlung. Er verordÂnete dem Kläger eine medikaÂmenÂtöse TherÂaÂpie in Form von TabletÂten und EigenÂinÂjekÂtioÂnen über eine Dauer von 24 Wochen, die — nach ErstinÂjekÂtion im UniÂverÂsitätsspiÂtal am 30. Juli 2004 — am Wohnort des Klägers unter begleiÂtÂenÂder KonÂtrolle seines Hausarztes statÂtfand. Die RechÂnunÂgen für die BehandÂlung wurÂden von dem UniÂverÂsitätsspiÂtal erstellt und von dem Kläger bezahlt. Im NovemÂber 2004 brach der Kläger die TherÂaÂpie ab.
Der Kläger, der gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB die AnwenÂdung deutschen Rechts als des Rechts des ErfolÂgsortes gewählt hat, macht gelÂtend, bei ihm seien schwere NebenÂwirkunÂgen der MedikaÂmente aufgeÂtreten, über die er nicht ausÂreÂichend aufgekÂlärt worÂden sei.
Mit Urteil vom 26. NovemÂber 2009 hat das Landgericht die Klage als derzeit unbeÂgrünÂdet abgewiesen. Es hat die gelÂtend gemachtÂen Ansprüche nach deutschem Recht beurteilt, da die NebenÂwirkunÂgen der MedikaÂmente in DeutschÂland aufgeÂtreten seien. Das OberÂlanÂdesÂgericht ist von der AnwendÂbarkeit SchweizÂer Rechts ausÂgeÂganÂgen und hat die BeruÂfung des Beklagten mit der MaßÂgabe zurückÂgewiesen, dass die Klage als (endgültig) unbeÂgrünÂdet abgewiesen wird.
Der u. a. für das ArzthafÂtungsrecht zuständiÂge VI. ZivilseÂnÂat des BunÂdesÂgerichtÂshofs hat entschÂieden, so Henn, dass sich die delikÂtisÂche HafÂtung des Beklagten gemäß Art. 41 Abs. 2 Nr. 1 EGBGB nach SchweizÂer Recht richtet.
Diese BesÂtimÂmung verÂdrängt als AusÂnahÂmebesÂtimÂmung in besonÂders gelagerten Fällen die allÂgeÂmein gehalÂteÂnen AnknüpÂfungsregeln der Art. 38 bis 40 Abs. 2 EGBGB — mithin auch das vom Kläger in Anspruch genommene Wahlrecht des VerÂletÂzten aus Art. 40 Abs. 1 S. 2. Danach kommt ein anderes Recht zur AnwenÂdung, mit dem der zu beurteilende SachverÂhalt eine wesentlich engere Verbindung aufweist. Der vorÂliegend zu beurteilende LebenssachverÂhalt steÂht mit der gemäß Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB an sich zur AnwenÂdung berufeÂnen deutschen RechtÂsorÂdÂnung in geringem, mit der SchweizÂer RechtÂsorÂdÂnung jedoch in wesentlich engerem ZusamÂmenÂhang. Auch wenn zwisÂchen den Parteien kein verÂtraglichÂes RechtsverÂhältÂnis bestand, sind ihre BeziehunÂgen zueinanÂder maßgeÂblich durch das zwisÂchen dem KanÂton als Träger des UniÂverÂsitätsspiÂtals und dem Kläger besteÂhende und in der SchweizÂer RechtÂsorÂdÂnung verÂwurzelte ärztliche BehandÂlungsverÂhältÂnis geprägt. Der beim SpiÂtal beschäftigte Beklagte war einÂer der behanÂdelÂnden Ärzte und mit der ErfülÂlung der dem KanÂton aufÂgrund des mit dem Kläger besteÂhenÂden BehandÂlungsverÂhältÂnissÂes obliegenÂden PflichtÂen betraut. Der behauptete AufkÂlärungsÂfehler unterÂlief dem Beklagten im inneren sachÂlichen ZusamÂmenÂhang mit der ErfülÂlung der sowohl den KanÂton aufÂgrund des BehandÂlungsverÂhältÂnissÂes mit dem Kläger als auch ihn als behanÂdelÂnden Arzt treÂfÂfendÂen Pflichten.
Gemäß § 3 Abs. 2 des GesetÂzes des KanÂtons Basel-Stadt über die HafÂtung des Staates und seines PerÂsonÂals vom 17. NovemÂber 1999 (HafÂtungsÂgeÂsetz) ist der Beklagte als Beschäftigter des KanÂtons aber von jedÂer HafÂtung frei. Gemäß § 3 Abs. 1 HafÂtungsÂgeÂsetz haftet der KanÂton nach den BesÂtimÂmungen des HafÂtungsÂgeÂsetÂzes für den Schaden, den sein PerÂsonÂal in Ausübung seinÂer amtlichen Tätigkeit DritÂten widerÂrechtlich zufügt.
Henn riet, das Urteil zu beachtÂen und verÂwies bei FraÂgen u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und SteuerÂberÂaterÂvereÂiniÂgung für die mitÂtelÂständisÂche Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de
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Michael Henn
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