(Kiel) Der für das Ver­sicherungsver­tragsrecht zuständi­ge IV. Zivilse­n­at des Bun­des­gericht­shofs hat entsch­ieden, dass die vere­in­barte Unkünd­barkeit geson­dert­er Koste­naus­gle­ichsvere­in­barun­gen zwis­chen Ver­sicherungsnehmer und Ver­sicher­er bei Abschluss eines Ver­trages über eine fonds­ge­bun­dene Renten- oder Lebensver­sicherung unzuläs­sig ist.


Darauf ver­weist der Ham­burg­er Recht­san­walt Matthias W. Kroll, LL.M., Leit­er des Fachauss­chuss­es „Finanz­di­en­stleis­tungs- und Ver­sicherungsrecht“ der DASV Deutschen Anwalt- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­des­gericht­shofs (BGH) vom 12.03.2014 zu seinem Urteil vom sel­ben Tage, Az.: IV ZR 295/13 und IV ZR 255/13.


In den zur Beurteilung anste­hen­den Fällen bot die Klägerin, ein in Liecht­en­stein ansäs­siger Lebensver­sicher­er, in Deutsch­land wohnen­den Kun­den den Abschluss von (fonds­ge­bun­de­nen) Renten­ver­sicherun­gen an. Die auf einem ein­heitlichen For­mu­lar aufgenomme­nen Anträge bein­hal­teten zum einen den Ver­sicherungsver­trag sowie zum anderen eine soge­nan­nte Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung. In dieser verpflichtete sich der Ver­sicherungsnehmer, einen bes­timmten Betrag für Abschluss- und Ein­rich­tungskosten in 48 monatlichen Rat­en an den Ver­sicher­er zu zahlen. Im Antrag ist bes­timmt, dass die Auflö­sung des Ver­sicherungsver­trages grund­sät­zlich nicht zur Beendi­gung der Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung führt und dass diese auch nicht künd­bar ist. Die beklagten Ver­sicherungsnehmer kündigten den Ver­sicherungsver­trag, stell­ten die Zahlung auf die Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung ein und wider­riefen ihre Ver­tragserk­lärun­gen. Die Parteien stre­it­en jew­eils mit Klage und Widerk­lage um die Zahlungsansprüche aus den Verträ­gen. Die Klägerin ver­langt mit ihren Kla­gen die Zahlung restlich­er Abschluss- und Ein­rich­tungskosten gemäß der Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung. Die Ver­sicherungsnehmer begehren im Wege der Widerk­lage die Rück­zahlung der auf die Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung bere­its geleis­teten Beträge zuzüglich des Rück­kauf­swertes des Versicherungsvertrages.


In der Sache IV ZR 295/13 haben die Vorin­stanzen der Klage stattgegeben und die Widerk­lage abgewiesen, in der Sache IV ZR 255/13 haben sie die Klage abgewiesen und der Widerk­lage stattgegeben. Mit ihren von den Beru­fungs­gericht­en zuge­lasse­nen Revi­sio­nen ver­fol­gen die Parteien jew­eils ihr Begehren weit­er, soweit sie in den Vorin­stanzen unter­legen sind.


Der Bun­des­gericht­shof hat entsch­ieden, dass dem Ver­sicher­er kein Zahlungsanspruch aus der jew­eili­gen Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung mehr zuste­ht, die Kla­gen des Ver­sicher­ers also keinen Erfolg haben. Zwar ist der Abschluss ein­er Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung, die rechtlich selb­ständig neben dem Ver­sicherungsver­trag ste­ht, nicht wegen Ver­stoßes gegen § 169 Abs. 3 Satz 1, § 169 Abs. 5 Satz 2 VVG unwirk­sam und es liegt auch keine unzuläs­sige Umge­hung vor.


Die Ver­sicherungsnehmer waren aber berechtigt, die Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung zu kündi­gen. Der vere­in­barte Kündi­gungsauss­chluss der Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung ist unwirk­sam. Eine Regelung in All­ge­meinen Geschäfts­be­din­gun­gen, nach der die Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung unkünd­bar ist und der Ver­sicherungsnehmer die Abschlusskosten unab­hängig vom Fortbe­stand des Ver­sicherungsver­trages zu zahlen hat, ver­stößt wegen unangemessen­er Benachteili­gung des Ver­sicherungsnehmers gegen § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Während ein Abzug bei der Ver­rech­nung der Abschlusskosten mit den Prämien allen­falls dazu führen kann, dass der Ver­sicherungsnehmer keinen oder einen nur ganz ger­ingfügi­gen Rück­kauf­swert erhält, aber in keinem Fall mit weit­eren noch nicht getil­gten Abschlusskosten belastet wird, kann die geson­derte Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung, wenn sie als unkünd­bar aus­gestal­tet wird, dazu führen, dass der Ver­sicherungsnehmer mit Verbindlichkeit­en belastet wird, die über dem Rück­kauf­swert liegen. Er erhält dann trotz Kündi­gung der Ver­sicherung wirtschaftlich nicht nur keinen Rück­kauf­swert, son­dern muss weit­ere Zahlun­gen an den Ver­sicher­er leisten.


Ob in den von den Ver­sicherungsnehmern abgegebe­nen Erk­lärun­gen jew­eils eine Kündi­gung der Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung zu sehen ist, kon­nte in bei­den zur Entschei­dung anste­hen­den Fällen im Ergeb­nis offen bleiben. Dem Zahlungsanspruch der Klägerin ste­ht jeden­falls der von den Beklagten erk­lärte Wider­ruf ihrer auf Abschluss des Ver­sicherungsver­trages gerichteten Wil­lenserk­lärun­gen ent­ge­gen. Die Beklagten kon­nten den Ver­trag noch wider­rufen, da die dreißigtägige Wider­rufs­frist noch nicht zu laufen begonnen hat­te. Der Beginn der Wider­rufs­frist set­zt nach § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VVG eine deut­lich gestal­tete Belehrung über das Wider­ruf­s­recht und die Rechts­fol­gen des Wider­rufs voraus. Dies hätte in der Wider­rufs­belehrung zum Ver­sicherungsver­trag einen Hin­weis erfordert, dass im Falle eines Wider­rufs auch der Ver­trag über die Koste­naus­gle­ichsvere­in­barung nicht zus­tande kommt. Daran fehlte es. Da der wirk­same Wider­ruf auf den Zeit­punkt des Ver­tragss­chlusses zurück­wirkt, waren die Widerk­la­gen der Ver­sicherungsnehmer erfolgreich.


Kroll riet, dies zu beacht­en und in allen Zweifels­fra­gen Recht­srat einzu­holen, wobei er dazu u. a. auch auf die entsprechend spezial­isierten Anwälte und Anwältin­nen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

 

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