(Kiel) Der für das Bankrecht zuständige XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat für einen in der ersten Jahreshälfte 2011 geschlossenen Darlehensvertrag entschieden, dass ein Verbraucher, der einen Kauf durch einen verbundenen, unentgeltlichen Darlehensvertrag (sogenannte „0%-Finanzierung“) finanziert, Gewährleistungsrechte, die ihm wegen Mängeln der gekauften Sache gegen den Verkäufer zustehen, dem Anspruch des finanzierenden Kreditinstituts auf Rückzahlung des Darlehens nicht entgegenhalten kann.


Darauf verweist der Hamburger Rechtsanwalt Matthias W. Kroll, LL.M., Leiter des Fachausschusses „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“ der DASV Deutschen Anwalt- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30.09.2014 zu seinem Urteil vom selben Tage, Az.: XI ZR 168/13.


In dem zugrunde liegenden Fall erwarb der Kläger am 4. März 2011 von einem Baumarkt zwei Türen zum Preis von 6.389,15 € einschließlich Montage. Gleichzeitig unterschrieb er in dem Baumarkt, der seine Produkte mit einer „0%-Finanzierung“ bewarb, auf einem dort bereitliegenden Formular der beklagten Bank einen Antrag auf Abschluss eines Darlehensvertrages, den die Beklagte am 21. Juni 2011 annahm. Der Darlehensvertrag enthielt die Anweisung des Klägers an die Beklagte, den von ihm ratenweise zurückzuzahlenden Nettodarlehensbetrag, der – ebenso wie der Preis der Türen – 6.389,15 € betrug, an den Baumarkt auszuzahlen. Aufgrund einer Vereinbarung mit dem Baumarkt zahlte die Beklagte nur 5.973,86 € an diesen.


Nach dem Einbau der Türen rügte der Kläger Mängel. In einem selbständigen Beweisverfahren stellte der gerichtlich bestellte Sachverständige Mängelbeseitigungskosten von 5.415,50 € und eine Wertminderung von 550 € fest. Der Kläger trat deshalb gegenüber dem Baumarkt vom Vertrag zurück und ist der Auffassung, er sei nach den §§ 358, 359 BGB in der bei Abschluss des Vertrages im März/Juni 2011 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) zur Rückzahlung des Darlehens an die Beklagte nicht verpflichtet.


Seine Klage auf Feststellung, dass der Beklagten aus dem Darlehensvertrag keine Rechte mehr zustehen, ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Zur Begründung hat das Berufungsgericht im Wesentlichen ausgeführt: Die Beklagte habe gegen den Kläger gemäß § 488 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Betrages von 5.973,86 €. Auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt könne der Kläger sich gegenüber der Beklagten nicht berufen, weil die Voraussetzungen eines Einwendungsdurchgriffs gemäß §§ 358, 359 BGB aF nicht vorlägen. Dieser setze einen Verbraucherdarlehensvertrag, d.h. gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus. Ein solcher liege nicht vor, weil der Kläger der Beklagten für die Gewährung des Darlehens kein gesondertes Entgelt habe zahlen müssen.


Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers gegen diese Entscheidung zurückgewiesen. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Beklagte gegen den Kläger aufgrund des Darlehensvertrages vom März/Juni 2011 gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB einen Anspruch auf Rückzahlung des an den Baumarkt ausgezahlten Darlehens hat. Der Kläger kann sich gegenüber der Beklagten nicht auf seinen Rücktritt vom Vertrag mit dem Baumarkt berufen. Ein Einwendungsdurchgriff gemäß §§ 358, 359 BGB aF setzt einen Verbraucherdarlehensvertrag, d.h. gemäß § 491 Abs. 1 BGB einen entgeltlichen Darlehensvertrag voraus. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut der Vorschriften, die im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens bewusst an den in § 491 BGB verwandten Begriff des Verbraucherdarlehensvertrages angepasst worden sind. Auch der Einwendungsdurchgriff gemäß Art. 15 Abs. 2 der Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. L 133 vom 22. Mai 2008, S. 66) gilt gemäß Art. 2 Abs. 2 Buchst. f der Richtlinie nicht für zins- und gebührenfreie Kreditverträge.


Der zwischen den Parteien geschlossene Darlehensvertrag ist kein entgeltlicher Darlehensvertrag, weil die Beklagte für das dem Kläger eingeräumte Kapitalnutzungsrecht keine Gegenleistung erhält. In dem Vertrag sind weder Zinsen noch Gebühren vereinbart worden. Auch die Differenz zwischen dem Nettodarlehensbetrag von 6.389,15 € und dem von der Beklagten an den Baumarkt ausgezahlten Betrag von 5.973,86 € kann nicht als Gegenleistung des Klägers angesehen werden. In Höhe dieses Differenzbetrages hat die Beklagte den vertraglichen Anspruch des Klägers auf Auszahlung des vollen Nettodarlehensbetrages nicht erfüllt. Da der Kläger gemäß § 488 Abs. 1 Satz 2 BGB nur die Rückzahlung des tatsächlich zur Verfügung gestellten Darlehens in Höhe von 5.973,86 € schuldet, erhält die Beklagte nur den an den Baumarkt ausgezahlten Betrag zurück. Sie erhält keinen darüber hinausgehenden Vermögensvorteil, der als Gegenleistung des Klägers für das ihm eingeräumte Kapitalnutzungsrecht angesehen werden könnte.


Kroll riet, dies zu beachten und in allen Zweifelsfragen Rechtsrat einzuholen, wobei er dazu u. a. auch auf die entsprechend spezialisierten Anwälte und Anwältinnen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

 

 

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Matthias W. Kroll, LL.M.
Rechtsanwalt/Master of Insurance Law
Fachanwalt für Arbeitsrecht/Fachanwalt für Versicherungsrecht
Leiter des Fachausschusses XIV „Finanzdienstleistungs- und Versicherungsrecht“
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