(Kiel) Der u. a. für das Bankrecht zuständi­ge XI. Zivilse­n­at des Bun­des­gericht­shofs hat in zwei Entschei­dun­gen erst­mals über die Frage des Ver­jährungs­be­ginns für Rück­forderungsansprüche von Kred­it­nehmern bei unwirk­sam for­mu­la­rmäßig vere­in­barten Dar­lehens­bear­beitungsent­gel­ten befunden.

 

Danach begann die ken­nt­nis­ab­hängige drei­jährige Ver­jährungs­frist nach § 195 BGB i. V. m. § 199 Abs. 1 BGB für früher ent­standene Rück­forderungsansprüche erst mit dem Schluss des Jahres 2011 zu laufen, weil Dar­lehen­snehmern die Erhe­bung ein­er entsprechen­den Rück­forderungsklage nicht vor dem Jahre 2011 zumut­bar war.

 

Darauf ver­weist der Ham­burg­er Recht­san­walt Matthias W. Kroll, LL.M., Leit­er des Fachauss­chuss­es „Finanz­di­en­stleis­tungs- und Ver­sicherungsrecht“ der DASV Deutschen Anwalt- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e.V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­des­gericht­shofs (BGH) vom 28.10.2014 zu seinen Urteilen vom sel­ben Tage, Az.: XI ZR 348/13 und XI ZR 17/14.


In den bei­den Ver­fahren begehren die Kläger von den jew­eils beklagten Banken die Rück­zahlung von Bear­beitungsent­gel­ten, die die Beklagten im Rah­men von Ver­braucher­dar­lehensverträ­gen for­mu­la­rmäßig berech­net haben.


Im Ver­fahren XI ZR 348/13 schloss der dor­tige Kläger mit der dor­ti­gen Beklagten im Dezem­ber 2006 einen Dar­lehensver­trag über 7.164,72 € ab. Die Beklagte berech­nete eine “Bear­beitungs­ge­bühr inkl. Auszahlungs- und Bere­it­stel­lungsent­gelt” von 189,20 €. Im Okto­ber 2008 schlossen die Parteien einen weit­eren Dar­lehensver­trag über 59.526,72 € ab. Die Beklagte berech­nete wiederum eine “Bear­beitungs­ge­bühr inkl. Auszahlungs- und Bere­it­stel­lungsent­gelt”, die sich in diesem Falle auf 1.547,10 € belief. Im Juni/Juli 2011 wurde ein drit­ter Dar­lehensver­trag über 12.353,04 € geschlossen, wobei die Beklagte eine 3,5 %ige “Bear­beitungs­ge­bühr” in Höhe von 343 € berech­nete. Der Kläger ver­langt von der Beklagten die Erstat­tung dieser Bear­beitungsent­gelte. Mit sein­er im Dezem­ber 2012 bei Gericht ein­gere­icht­en Klage hat er ursprünglich die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von ins­ge­samt 2.079,30 € erstrebt. Die Beklagte hat die Klage­forderung in Höhe eines Teil­be­trages von 1.015,96 € — darin enthal­ten das Bear­beitungsent­gelt für das im Jahre 2011 gewährte Dar­lehen sowie ein Teil des Bear­beitungsent­gelts für das im Jahr 2008 aufgenommene Dar­lehen — anerkan­nt; im Übri­gen erhebt sie die Einrede der Ver­jährung. Wegen des von der Beklagten nicht anerkan­nten Rest­be­trags der Klage­forderung ist die Klage in den Vorin­stanzen, die vom Ver­jährung­sein­tritt aus­ge­gan­gen sind, erfol­g­los geblieben.


Im Ver­fahren XI ZR 17/14 schloss der dor­tige Kläger mit der dor­ti­gen Beklagten im Feb­ru­ar 2008 einen Ver­braucher­dar­lehensver­trag über einen Net­tokred­it­be­trag von 18.500 € ab. Die Beklagte berech­nete ein Bear­beitungsent­gelt in Höhe von 555 €, das der Kläger mit sein­er im Jahre 2013 erhobe­nen Klage zurück­fordert; die Beklagte erhebt eben­falls die Ver­jährung­seinrede. Die Rück­forderungsklage war hier in bei­den Vorin­stanzen erfolgreich.


Der XI. Zivilse­n­at hat im Ver­fahren XI ZR 348/13 auf die Revi­sion des kla­gen­den Kred­it­nehmers das Beru­fung­surteil aufge­hoben und die beklagte Bank zur Zahlung auch des von ihr nicht anerkan­nten Rest­be­trags der Klage­forderung verurteilt. Im Ver­fahren XI ZR 17/14 ist die Revi­sion der dort beklagten Bank erfol­g­los geblieben.


In bei­den Rechtsstre­it­en sind die Beru­fungs­gerichte im Ergeb­nis zutr­e­f­fend davon aus­ge­gan­gen, dass die jew­eilige Beklagte die stre­it­i­gen Bear­beitungsent­gelte durch Leis­tung der Klagepartei ohne rechtlichen Grund erlangt hat, § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB. Die Vere­in­barung von Bear­beitungsent­gel­ten in All­ge­meinen Geschäfts­be­din­gun­gen für Ver­braucherkred­itverträge ist, wie der XI. Zivilse­n­at mit seinen bei­den Urteilen vom 13. Mai 2014 entsch­ieden hat, gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirk­sam (vgl. dazu Pressemit­teilung Nr. 80/2014). Diese Recht­sprechung gilt auch für die hier stre­it­ge­gen­ständlichen Entgeltregelungen.


Die Rück­zahlungsansprüche bei­der Kläger sind zudem nicht ver­jährt; die gegen­teilige Annahme der Vorin­stanzen in der Sache XI ZR 348/13 ist unzutr­e­f­fend. Bere­icherungsansprüche ver­jähren nach § 195 BGB grund­sät­zlich in drei Jahren. Die regelmäßige Ver­jährungs­frist begin­nt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch ent­standen ist und der Gläu­biger von den den Anspruch begrün­den­den Umstän­den Ken­nt­nis erlangt hat oder ohne grobe Fahrläs­sigkeit erlan­gen musste (§ 199 Abs. 1 BGB). Der Gläu­biger eines Bere­icherungsanspruchs aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB hat Ken­nt­nis von den anspruchs­be­grün­den­den Umstän­den, wenn er von der Leis­tung und den Tat­sachen weiß, aus denen sich das Fehlen des Rechts­grun­des ergibt. Nicht erforder­lich ist hinge­gen in der Regel, dass er aus den ihm bekan­nten Tat­sachen die zutr­e­f­fend­en rechtlichen Schlüsse zieht. Aus­nahm­sweise kann aber die Recht­sunken­nt­nis des Gläu­bigers den Ver­jährungs­be­ginn hin­auss­chieben, wenn eine unsichere und zweifel­hafte Recht­slage vor­liegt, die selb­st ein recht­skundi­ger Drit­ter nicht in einem für die Klageer­he­bung aus­re­ichen­den Maße einzuschätzen ver­mag. Das gilt erst recht, wenn der Durch­set­zung des Anspruchs eine gegen­teilige höch­strichter­liche Recht­sprechung ent­ge­gen­ste­ht. In einem solchen Fall fehlt es an der Zumut­barkeit der Klageer­he­bung als über­greifend­er Voraus­set­zung für den Ver­jährungs­be­ginn. Angesichts des Umstands, dass Bear­beitungsent­gelte in “banküblich­er Höhe” von zulet­zt bis zu 2 % von der älteren Recht­sprechung des Bun­des­gericht­shofs gebil­ligt wor­den waren, war Dar­lehen­snehmern vor­liegend die Erhe­bung ein­er Rück­forderungsklage erst zumut­bar, nach­dem sich im Laufe des Jahres 2011 eine gefes­tigte ober­lan­des­gerichtliche Recht­sprechung her­aus­ge­bildet hat­te, die Bear­beitungsent­gelte in All­ge­meinen Geschäfts­be­din­gun­gen beim Abschluss von Ver­braucher­dar­lehensverträ­gen miss­bil­ligte. Sei­ther musste ein recht­skundi­ger Drit­ter bil­liger­weise damit rech­nen, dass Banken die erfol­gre­iche Beru­fung auf die ältere Recht­sprechung des Bun­des­gericht­shofs kün­ftig ver­sagt wer­den würde.


Aus­ge­hend hier­von sind derzeit nur solche Rück­forderungsansprüche ver­jährt, die vor dem Jahr 2004 ent­standen sind, sofern inner­halb der absoluten — ken­nt­nisun­ab­hängi­gen — 10jährigen Ver­jährungs­frist des § 199 Abs. 4 BGB vom Kred­it­nehmer keine ver­jährung­shem­menden Maß­nah­men ergrif­f­en wor­den sind.


Kroll riet, dies zu beacht­en und in allen Zweifels­fra­gen Recht­srat einzu­holen, wobei er dazu u. a. auch auf die entsprechend spezial­isierten Anwälte und Anwältin­nen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

 

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Matthias W. Kroll, LL.M.
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