(Kiel) Der u.a. für das Urhe­ber­recht zuständi­ge I. Zivilse­n­at des Bun­des­gericht­shofs hat sich erneut mit der urhe­ber­rechtlichen Zuläs­sigkeit des Ver­triebs “gebrauchter” Soft­ware­lizen­zen zu befasst.


Darauf ver­weist der Düs­sel­dor­fer Fachan­walt für Gewerblichen Rechtss­chutz und Infor­ma­tion­stech­nolo­gierecht Horst Leis, LL.M. von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­des­gericht­shofs (BGH) vom 18.07.2013 zu seinem Urteil vom 17. Juli 2013 — I ZR 129/08 — Used­Soft II.


Die Klägerin entwick­elt Com­put­er­soft­ware, die sie ganz über­wiegend in der Weise vertreibt, dass die Kun­den keinen Daten­träger erhal­ten, son­dern die Soft­ware von der Inter­net­seite der Klägerin auf ihren Com­put­er herun­ter­laden. In den Lizen­zverträ­gen der Klägerin ist bes­timmt, dass das Nutzungsrecht, das die Klägerin ihren Kun­den an den Com­put­er­pro­gram­men ein­räumt, nicht abtret­bar ist.


Die Beklagte han­delt mit “gebraucht­en” Soft­ware­lizen­zen. Im Okto­ber 2005 bot sie “bere­its benutzte” Lizen­zen für Pro­gramme der Klägerin an. Dabei ver­wies sie auf ein Notarte­s­tat, in dem auf eine Bestä­ti­gung des ursprünglichen Lizen­znehmers ver­wiesen wird, wonach er recht­mäßiger Inhab­er der Lizen­zen gewe­sen sei, diese nicht mehr benutze und den Kauf­preis voll­ständig bezahlt habe. Kun­den der Beklagten laden nach dem Erwerb ein­er “gebraucht­en” Lizenz die entsprechende Soft­ware von der Inter­net­seite der Klägerin auf einen Daten­träger herunter.


Die Klägerin ist der Auf­fas­sung, die Beklagte ver­let­ze dadurch, dass sie die Erwer­ber “gebrauchter” Lizen­zen dazu ver­an­lasse, die entsprechen­den Com­put­er­pro­gramme zu vervielfälti­gen, das Urhe­ber­recht an diesen Pro­gram­men. Sie hat die Beklagte deshalb auf Unter­las­sung in Anspruch genommen.


Landgericht und Beru­fungs­gericht haben der Klage stattgegeben. Auf die Revi­sion der Beklagten hat der Bun­des­gericht­shof das Ver­fahren aus­ge­set­zt und dem Gericht­shof der Europäis­chen Union einige Fra­gen zur Ausle­gung der Richtlin­ie 2009/24/EG über den Rechtss­chutz von Com­put­er­pro­gram­men zur Vor­abentschei­dung vorgelegt. Nach­dem der Europäis­che Gericht­shof diese Fra­gen beant­wortet hat, hat der Bun­des­gericht­shof nun das Beru­fung­surteil aufge­hoben und die Sache an das Beru­fungs­gericht zurückverwiesen.


Die Kun­den der Beklagten greifen durch das Herun­ter­laden der Com­put­er­pro­gramme — so der Bun­des­gericht­shof — in das nach § 69c Nr. 1 UrhG auss­chließlich dem Rechtsin­hab­er zuste­hende Recht zur Vervielfäl­ti­gung der Com­put­er­pro­gramme ein. Da die Beklagte ihre Kun­den durch das Ange­bot “gebrauchter” Lizen­zen zu diesem Ein­griff ver­an­lasst, kann sie auf Unter­las­sung in Anspruch genom­men wer­den, falls ihre Kun­den nicht zur Vervielfäl­ti­gung der Pro­gramme berechtigt sind. Die Kun­den der Beklagten kön­nen sich allerd­ings möglicher­weise auf die Regelung des § 69d Abs. 1 UrhG berufen, die Art. 5 Abs. 1 der Richtlin­ie 2009/24/EG ins deutsche Recht umset­zt und daher richtlin­ienkon­form auszule­gen ist. Nach Art. 5 Abs. 1 der Richtlin­ie 2009/24/EG bedarf die Vervielfäl­ti­gung eines Com­put­er­pro­gramms — solange nichts anderes vere­in­bart ist — nicht der Zus­tim­mung des Rechtsin­hab­ers, wenn sie für eine bes­tim­mungs­gemäße Benutzung des Com­put­er­pro­gramms durch den recht­mäßi­gen Erwer­ber notwendig ist.


Aus der Entschei­dung des Europäis­che Gericht­shof geht — so der Bun­des­gericht­shof weit­er — her­vor, dass der Erwer­ber ein­er “gebraucht­en” Soft­ware­lizenz als “recht­mäßiger Erwer­ber” ein­er Pro­grammkopie anzuse­hen ist, der von dem Vervielfäl­ti­gungsrecht Gebrauch machen darf, wenn das Recht zur Ver­bre­itung der Pro­grammkopie nach Art. 4 Abs. 2 der Richtlin­ie 2009/24/EG erschöpft ist und der Weit­er­verkauf der Lizenz an den Erwer­ber mit dem Weit­er­verkauf der von der Inter­net­seite des Urhe­ber­rechtsin­hab­ers herun­terge­lade­nen Pro­grammkopie ver­bun­den ist. Dabei set­zt ein Weit­er­verkauf der von der Inter­net­seite des Urhe­ber­rechtsin­hab­ers herun­terge­lade­nen Pro­grammkopie nicht voraus, dass die Beklagte ihren Kun­den einen Daten­träger mit ein­er “erschöpften” Kopie des Com­put­er­pro­gramms übergibt. Vielmehr kann ein solch­er Weit­er­verkauf auch dann vor­liegen, wenn der Kunde die ihm von der Beklagten verkaufte Kopie des Com­put­er­pro­gramms von der Inter­net­seite des Urhe­ber­rechtsin­hab­ers auf seinen Com­put­er herunterlädt.


Die Erschöp­fung des Ver­bre­itungsrechts des Urhe­ber­rechtsin­hab­ers ist nach der Entschei­dung des Europäis­che Gericht­shof allerd­ings von ein­er Rei­he von Voraus­set­zun­gen abhängig. Dazu gehört unter anderem, dass der Urhe­ber­rechtsin­hab­er dem Erster­wer­ber das Recht eingeräumt hat, diese Kopie ohne zeitliche Begren­zung zu nutzen. Fern­er kann sich der Nacher­wer­ber ein­er Kopie des Com­put­er­pro­gramms nur dann mit Erfolg auf eine Erschöp­fung des Ver­bre­itungsrechts an dieser Kopie berufen, wenn der Erster­wer­ber seine Kopie unbrauch­bar gemacht hat. Der Bun­des­gericht­shof hat die Sache an das Beru­fungs­gericht zurück­ver­wiesen, damit dieses nach entsprechen­dem Vor­trag der Parteien prüfen kann, ob diese Voraus­set­zun­gen im vor­liegen­den Fall erfüllt sind.


Leis emp­fahl, dies zu beacht­en und bei Fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de — verwies.

 

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