(Kiel) Der Bun­des­gericht­shof hat sich in ein­er Entschei­dung mit der Frage befasst, welchen Vorschriften ein Mietver­hält­nis unter­liegt, das sowohl eine Wohn­nutzung als auch eine freiberu­fliche Nutzung umfasst (soge­nan­ntes Mischmietverhältnis).


Darauf ver­weist der Kiel­er Recht­san­walt Jens Klar­mann, Lan­desre­gion­alleit­er „Schleswig-Hol­stein“ der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­des­gericht­shofs (BGH) vom 9.07.2014 zu seinem Urteil vom sel­ben Tage, Az. VIII ZR 376/13.


Die Beklagten sind Mieter, die Kläger Ver­mi­eter eines mehrstöck­i­gen Haus­es in Berlin. In dem schriftlichen Mietver­trag vom 20. Novem­ber 2006 wurde den Mietern ges­tat­tet, die Räume im Erdgeschoss als Hyp­noseprax­is zu nutzen. Mit Schreiben vom 20. Feb­ru­ar 2012 kündigten die Kläger das Mietver­hält­nis ohne Angaben von Kündi­gungs­grün­den zum 30. Sep­tem­ber 2012. Nach­dem die Beklagten der Kündi­gung wider­sprochen hat­ten, erhoben die Kläger Räu­mungsklage beim Landgericht Berlin. Das Landgericht hat das Mietver­hält­nis als Wohn­raum­mi­ete ein­ge­ord­net und die Klage man­gels sach­lich­er Zuständigkeit als unzuläs­sig abgewiesen.


Auf die Beru­fung der Kläger hat das Kam­merg­ericht die Beklagten zur Räu­mung und Her­aus­gabe des Haus­es verurteilt. Es hat das Mietver­hält­nis als Gewer­ber­aum­mi­etver­hält­nis eingestuft und zur Begrün­dung im Wesentlichen aus­ge­führt, ein Mis­chmi­etver­hält­nis, wie es hier gegeben sei, unter­liege ins­ge­samt entwed­er dem Wohn­raum- oder dem Gewer­ber­aum­mi­etrecht, je nach­dem, welch­er Ver­tragszweck nach dem Partei­willen bei Ver­tragss­chluss über­wiege. Auss­chlaggebend sei, dass die Beklagten in einem Teil der Mieträume mit dem Betrieb der Hyp­noseprax­is ihren Leben­sun­ter­halt bestrit­ten. Dies mache die freiberu­fliche Nutzung zum vorherrschen­den Ver­tragszweck. Dem ste­he auch nicht die Verteilung der Flächen auf die ver­schiede­nen Nutzungszwecke ent­ge­gen. Denn die für die gewerbliche Nutzung und die für die Wohn­nutzung vorge­se­henen Flächen seien gle­ich groß. Da die gewerbliche Nutzung den Schw­er­punkt des Mietver­hält­niss­es bilde, sei – anders als bei der Wohn­raum­mi­ete – für eine Kündi­gung des Mietver­hält­niss­es kein berechtigtes Inter­esse erforderlich.


Die vom Bun­des­gericht­shof zuge­lassene Revi­sion hat­te Erfolg. Der unter anderem für das Wohn­raum­mi­etrecht zuständi­ge VIII. Zivilse­n­at hat entsch­ieden, dass das Beru­fungs­gericht zwar zutr­e­f­fend von einem Mis­chmi­etver­hält­nis, also einem ein­heitlichen Mietver­hält­nis über Wohn- und Geschäft­sräume, aus­ge­gan­gen ist, dessen Beurteilung sich wegen der von den Parteien gewoll­ten Ein­heitlichkeit entwed­er nach den Bes­tim­mungen der Wohn­raum­mi­ete oder nach den Vorschriften der Geschäft­sraum­mi­ete richtet. Eben­falls zutr­e­f­fend hat das Beru­fungs­gericht für die rechtliche Einord­nung des Mietver­hält­niss­es auf den über­wiegen­den Ver­tragszweck bei Ver­tragsab­schluss abgestellt.


Dage­gen hat der Bun­des­gericht­shof bean­standet, dass das Beru­fungs­gericht den vorherrschen­den Ver­tragszweck allein deswe­gen in der Nutzung zu freiberu­flichen Zweck­en gese­hen hat, weil die Mieter in den angemieteten Räu­men eine Hyp­noseprax­is betreiben und damit ihren Leben­sun­ter­halt ver­di­enen. Das Bestre­it­en des Leben­sun­ter­halts durch eine freiberu­fliche oder gewerbliche Nutzung stellt kein sachgerecht­es Kri­teri­um für die Bes­tim­mung des über­wiegen­den Nutzungszwecks dar. Es beste­ht kein all­ge­mein­er Erfahrungssatz dahin, dass bei einem Mis­chmi­etver­hält­nis die Schaf­fung ein­er Erwerb­s­grund­lage Vor­rang vor der Wohn­nutzung hat. Dass das Wohnen als wesentlich­er Aspekt des täglichen Lebens generell hin­ter der Erwerb­stätigkeit des Mieters zurück­treten soll, lässt sich wed­er mit der Bedeu­tung der Woh­nung als – grun­drechtlich geschütztem – Ort der Ver­wirk­lichung pri­vater Lebensvorstel­lun­gen, noch mit dem Stel­len­wert, dem das Wohnen in der heuti­gen Gesellschaft zukommt, in Ein­klang bringen.


Bei der gebote­nen Einzelfall­prü­fung sind vielmehr alle ausle­gungsrel­e­van­ten Umstände des Einzelfalls zu berück­sichti­gen, wobei etwa der Ver­wen­dung eines auf eine der bei­den Nutzungsarten zugeschnit­te­nen Ver­trags­for­mu­la­rs, dem Ver­hält­nis der für die jew­eilige Nutzungsart vorge­se­hen Flächen und der Verteilung der Gesamt­mi­ete auf die einzel­nen Nutzungsan­teile Indizwirkung zukom­men kann. Lässt sich ein Über­wiegen der gewerblichen Nutzung nicht fest­stellen, sind vor­rangig die für die Wohn­raum­mi­ete gel­tenden Vorschriften anzuwen­den. Andern­falls wür­den die zum Schutz des Wohn­raum­mi­eters beste­hen­den zwin­gen­den Son­der­regelun­gen unterlaufen.


Da die Ausle­gung des Beru­fungs­gerichts rechts­fehler­haft war und weit­ere Fest­stel­lun­gen nicht zu erwarten waren, hat der Sen­at die gebotene Ver­tragsausle­gung selb­st vorgenom­men und entsch­ieden, dass vor­liegend unter anderem wegen des auf die Wohn­raum­mi­ete zugeschnit­te­nen Mietver­trags­for­mu­la­rs, der für Gewer­ber­aum­mi­etver­hält­nisse untyp­is­chen unbes­timmten Ver­tragslaufzeit sowie wegen der Vere­in­barung ein­er ein­heitlichen Miete ohne Umsatzs­teuer­ausweis von einem Wohn­raum­mi­etver­hält­nis auszuge­hen ist.


Klar­mann emp­fahl daher, dies zu beacht­en und bei Fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de — verwies.

 

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