(Kiel) Soweit Bankkunden Finanzgeschäfte (z.B. Darlehen, Swaps) abgeschlossen haben, die sich auf Libor oder Euribor als Referenzzinssatz beziehen, können betroffenen Kunden möglicherweise Schadenersatzansprüche gegen die beratende bzw. finanzierende Bank zustehen.

Darauf verweist der Frankfurter Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht Klaus Hünlein von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel.

Libor (Abkürzung für: London Interbank Offered Rate) und Euribor (Abkürzung für: Euro Interbank Offered Rate) sind täglich festgelegte Referenzzinssätze im Interbankengeschäft. Für die Berechnung melden die wichtigsten Banken die Zinsen, die sie für Kredite ihrer Konkurrenten zahlen müssen. Über diese Meldungen besteht für sie die Möglichkeit der Einflussnahme auf die Zinshöhe. Die Zinssätze haben am Finanzmarkt überragende Bedeutung, zahlreiche Darlehens- und andere Verträge (z.B. Swaps) koppeln den Zinssatz an Libor und Euribor.

Betroffene Bankkunden fragen sich nun besorgt, wie groß ihr Schaden aus den Manipulationen ist und ob evtl. ihre Bank Schadenersatz zu leisten hat. Erste Prozesse sind deshalb bereits in Großbritannien anhängig.

Laut Fachanwalt Hünlein ist jedoch bereits im Vorfeld – also unabhängig einer nachgewiesenen Manipulation – zu beachten, dass die Bank im Fall von Libor- und Euribor-gebundenen Verträgen Aufklärungspflichten trifft, deren Verletzung zu Schadenersatzansprüchen führen kann.

Ist die beratende (kreditgewährende) Bank selbst an der Festsetzung des Zinses beteiligt, so besteht bereits eine Interessenkollision, weil von der Zinshöhe die Leistungen der Bankkunden abhängen. Über Interessenkonflikte hat die Bank den Kunden vor Abschluss des Vertrages aufzuklären. Dies ist ein allgemeiner Rechtsgrundsatz, der in zahlreichen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) bestätigt wird. So hat der BGH bspw. in der „Kickback-Entscheidung“ (XI ZR 56/05) herausgearbeitet, dass die Kunden über Kickbacks aufzuklären sind, weil die Zahlung derselben die Kundeninteressen gefährden kann. Auch in der sog. Swap-Entscheidung des BGH zu Spread-Ladder-Swaps (XI ZR 33/10), verlangt der BGH eine Information des Kunden über Umstände, die Ausdruck einer schwerwiegenden Interessenkollision sind.

Im Fall des Libor ist die Deutsche Bank an der Festsetzung beteiligt, beim Euribor sind es 8 bedeutende deutsche Banken (gegenwärtig Landesbank Berlin, Bayerische Landesbank Girozentrale, Commerzbank, Deutsche Bank, DZ Bank, Landesbank Baden-Württemberg Girozentrale, Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale, Norddeutsche Landesbank Girozentrale). Danach trifft sie alle eine Aufklärungspflicht bezüglich der Interessenkollision.

Verletzungen der Aufklärungspflicht haben nach der Rechtsprechung im Kapitalanlagerecht zur Folge, dass der Kunde im Rahmen des Schadenersatzes so zu stellen ist, wie er ohne die Pflichtverletzung stünde. Ohne Pflichtverletzung hätte der Kunde den betroffenen Vertrag nicht abgeschlossen, d.h. er kann sich evtl. von dem laufenden Vertrag lösen und eine Rückabwicklung erreichen.

• Ergebnis

Bei Finanzgeschäften (Darlehen, Swaps u.a.), die sich auf Libor oder Euribor als Referenzzinssatz beziehen, empfiehlt es sich prüfen zu lassen, ob und inwieweit hier möglicherweise Schadenersatzansprüche gegen die beratende Bank in Betracht kommen.

Rechtsanwalt Hünlein empfahl, dies zu beachten und in Zweifelsfällen um rechtlichen Rat nachzusuchen, wozu er u. a. auch auf die auf Bank- und Kapitalmarktrecht spezialisierten Anwälte/-innen in der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. – www.mittelstands-anwaelte.de – verwies.

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Klaus Hünlein
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Fachanwalt für Verwaltungsrecht
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