Pressemit­teilung des BFH Nr. 23 vom 22. Mai 2020

Verge­bliche Prozesskosten kön­nen bei der Erb­schaft­s­teuer abge­zo­gen werden 

Urteil vom 6.11.2019 II R 29/16

Erst kein Glück, dann noch Pech: Der Erblass­er gibt zu Lebzeit­en sein Ver­mö­gen weg; ein nach dem Erb­fall vom Erben angestrengter Prozess auf Rück­gabe geht ver­loren und schließlich ver­sagen Finan­zamt (FA) und Finanzgericht auch noch den Abzug der Prozesskosten bei der Erb­schaft­s­teuer — so geschehen im Fall des Bun­des­fi­nanzhofs (BFH) vom 06.11.2019 — II R 29/16. Das höch­ste deutsche Steuerg­ericht ist dem nun ent­ge­genge­treten: Kosten eines Zivil­prozess­es, in dem ein Erbe ver­meintliche zum Nach­lass gehörende Ansprüche des Erblassers gel­tend gemacht hat, sind als Nach­lass­regelungskosten vom Erwerb von Todes wegen abzugs­fähig; die fak­tis­che “Steuer­frei­heit” bei miss­lun­gener Rück­forderung ste­ht dem Abzug nicht entgegen.

Der 1999 ver­stor­bene Erblass­er hat­te seine Porzel­lansamm­lung 1995 einem städtis­chen Muse­um geschenkt. Die Erben forderten nach seinem Tod von der Stadt die Rück­gabe der Samm­lung mit der Begrün­dung, dass der Erblass­er bei der Schenkung nicht mehr geschäfts­fähig gewe­sen sei. Die Klage und die ein­gelegten Rechtsmit­tel waren jedoch erfol­g­los und die Erben blieben auf den Prozesskosten sitzen. Sie macht­en daher die Kosten bei der Erb­schaft­s­teuer als Nach­lassverbindlichkeit steuer­min­dernd gel­tend. Weil dies vom FA jedoch abgelehnt wurde, zogen die Erben erneut vor Gericht. Und dies­mal mit Erfolg. 

Der BFH begrün­dete seine Entschei­dung mit § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 des Erb­schaft­s­teuerge­set­zes (Erb­StG). Danach sind als Nach­lassverbindlichkeit­en u.a. die Kosten abzugs­fähig, die dem Erwer­ber unmit­tel­bar im Zusam­men­hang mit der Regelung des Nach­lass­es oder mit der Erlan­gung des Erwerbs entste­hen. Zu diesen Aus­gaben kön­nen auch Kosten zählen, die der Erbe durch die gerichtliche Gel­tend­machung von (ver­meintlichen) zum Nach­lass gehören­den Ansprüchen des Erblassers zu tra­gen hat. Die Kosten müssen in engem zeitlichen und sach­lichen Zusam­men­hang mit dem Erwerb von Todes wegen ste­hen und dür­fen nicht erst durch die spätere Ver­wal­tung des Nach­lass­es anfall­en (§ 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 Erb­StG). § 10 Abs. 6 Satz 1 Erb­StG ste­ht dem Abzug der Prozesskosten als Nach­lassverbindlichkeit­en nicht ent­ge­gen. Nach dieser Vorschrift sind Schulden und Las­ten nicht abzugs­fähig, soweit sie in wirtschaftlichem Zusam­men­hang mit Ver­mö­gens­ge­gen­stän­den ste­hen, die nicht der Besteuerung nach dem Erb­StG unter­liegen. Die Vorschrift gilt nur für vom Erblass­er begrün­dete Schulden und Las­ten und ist deshalb nicht auf Nach­lass­regelungskosten i.S. des § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 1 Erb­StG anwendbar.

Verge­bliche Prozesskosten für die Rück­hol­ung der Porzel­lansamm­lung des Erblassers sind damit grund­sät­zlich abzugs­fähig; sie müssen aber im Einzel­nen nachgewiesen wer­den. Das Gle­iche gilt für die Kosten der anwaltlichen Vertretung.

Wie der BFH weit­er entsch­ied, ist dage­gen der Abzug von Prozesskosten aus­geschlossen, die dem Erben ent­standen sind, weil er Schadenser­satz wegen ver­späteter Räu­mung und Her­aus­gabe ein­er geerbten Woh­nung vom Mieter ver­langt hat. Bei diesen Aus­gaben han­delt es sich um nicht abzugs­fähige Kosten der Nach­lassver­w­er­tung (vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 3 Satz 3 ErbStG). 

siehe auch: Urteil des II. Sen­ats vom 6.11.2019 — II R 29/16 -

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