Quelle: Pressemit­teilung

Der Arbeit­ge­ber ist bei Kurzarbeit nicht berechtigt, den Erhol­ung­surlaub der hier­von betrof­fe­nen Arbeit­nehmer anteilig im Ver­hält­nis zu den Jahre­sar­beit­sta­gen zu kürzen, wenn keine Kurzarbeit „Null“ zu Grunde liegt. 

Die kla­gen­den Arbeit­nehmer begehren die Gutschrift von Urlaub­sta­gen, die ihnen für Zeit­en von Kurzarbeit im Ver­hält­nis zu ihren Jahre­sar­beit­sta­gen durch den Arbeit­ge­ber anteilig gekürzt wor­den sind. Der an einzel­nen Tagen durchge­führten Kurzarbeit lagen mehrere naht­los aufeinan­der­fol­gende Betrieb­svere­in­barun­gen Kurzarbeit zu Grunde. Die Arbeit­szeit der kla­gen­den Parteien war nicht auf „Null“ reduziert worden.
Die Betrieb­svere­in­barun­gen wur­den jew­eils erst kurze Zeit vor Beginn der Kurzarbeit zwis­chen den Betrieb­spart­nern abgeschlosse­nen. Die Infor­ma­tion der betrof­fe­nen Arbeit­nehmer erfol­gte danach. Dem Arbeit­ge­ber war es nach den Betrieb­svere­in­barun­gen Kurzarbeit ges­tat­tet, die Kurzarbeit vorzeit­ig und kurzfristig mit ein­er „Ansage­frist“ von 2 Werk­ta­gen zu been­den oder zu reduzieren.

Die kla­gen­den Parteien sind der Ansicht, dass die durchge­führte Kurzarbeit keinen Ein­fluss auf ihre Urlaub­sansprüche hat. Der Kurzarbeit­er habe nicht ähn­lich einem Teilzeitbeschäftigten eine vorherse­hbare und freigestalt­bare Freizeit durch Kurzarbeit gewon­nen, die er nutzen könne, um sich auszu­ruhen oder Freizeitak­tiv­itäten nachzugehen.

Die Beklagte stützt sich zur Berech­ti­gung der anteili­gen Urlaub­skürzung während der Kurzarbeit auf Entschei­dun­gen des EuGH und des BAG über entsprechende Urlaub­skürzun­gen gegenüber Teilzeitbeschäftigten und bei Gewährung eines Sab­bat­i­cals für Arbeit­nehmer, sowie auf eine oberg­erichtliche Entschei­dung bei Kurzarbeit „Null“. Im Übri­gen könne es nicht sein, dass dann, wenn nach Ende der Kurzarbeit durch die Arbeit­nehmer, die ihren vollen Jahresurlaub nehmen kön­nten, der Betrieb nach Wieder­an­laufen nach der Kurzarbeit dadurch block­iert würde.

Das Arbeits­gericht hat den Kla­gen vol­lum­fänglich stattgegeben und den Arbeit­ge­ber verpflichtet, den gekürzten Urlaub­san­teil dem Urlaub­skon­to der kla­gen­den Arbeit­nehmer wieder gutzuschreiben.

Die anteilige Kürzung erscheint als rechtwidrig. Unab­hängig davon, dass Erhol­ung­surlaub nach dem Bun­desurlaub­s­ge­setz für das Beste­hen des Arbeitsver­hält­niss­es als solch­es unab­hängig von der Erbringung ein­er konkreten Arbeit­sleis­tung gewährt wird, kann vor­liegend nicht von einem zur anteili­gen Urlaub­skürzung berechti­gen­den Ruhen des Arbeitsver­hält­niss­es für die Dauer der Kurzarbeit gesprochen wer­den. Bei ein­er Kurzarbeit-Vere­in­barung, bei der die Arbeit­szeit nicht auf „Null“ für diesen Zeitraum her­abge­set­zt wird, beste­ht keine ver­gle­ich­bare Geset­zes­lage zum Teilzeitrecht oder son­sti­gen andauern­den Unter­brechun­gen der gegen­seit­i­gen Leis­tungspflicht aus dem Arbeitsver­hält­nis, wie bei einem „Sab­bat­i­cal“. Vielmehr zeigt die ver­gle­ich­bare Lage zu son­sti­gen Ruhen­statbestän­den im Arbeitsver­hält­nis, z.B. bei Elternzeit nach dem BEEG, dass hier­für anteilige Urlaub­skürzung geset­zlich möglich ist. In Ken­nt­nis dessen hätte der Geset­zge­ber auch bei Kurzarbeit anteilige Urlaub­skürzun­gen sta­tu­ieren kön­nen. Dies hat der Geset­zge­ber nicht nur unter­lassen, son­dern nach dem Bun­desurlaub­s­ge­setz ger­ade zum Aus­druck gebracht, dass Kurzarbeit nicht zur Ver­di­en­stschmälerung betr­e­f­fend Urlaub­sent­gelt dienen soll.

Wegen der Durch­führung von Kurzarbeit nur an einzel­nen Tagen (statt Kurzarbeit „Null“), sowie der kurzfristi­gen Ein­führung als auch der vor­liegen­den Möglichkeit der vorzeit­i­gen Beendi­gung oder Reduzierung der durchge­führten Kurzarbeit mit ein­er Ansage­frist von 2 Werk­ta­gen sieht das Arbeits­gericht es als ver­fehlt an, ein­er der­ar­ti­gen Kurzarbeit die gle­iche Rechtswirkung zuzus­prechen, wie bei einem länger andauern­den Ruhen des Arbeitsver­hält­niss­es. Es kann wed­er davon gesprochen wer­den, dass bei der­ar­tiger Kurzarbeit Arbeit­nehmer dadurch ihren Erhol­ung­surlaub bere­its anteilig qua­si real­isiert haben. Noch spielt es eine Rolle, dass Arbeit­nehmer nach Ende der Kurzarbeit ihre restlichen Urlaub­sansprüche nehmen kön­nen. Dies liegt in der Natur der Sache. Eine etwaige dadurch ein­herge­hende Betrieb­s­block­ade erscheint nicht nur im Hin­blick auf die son­sti­gen Urlaub­sansprüche der Arbeit­nehmer als Speku­la­tion und ohne Belang.

Aus diesen Grün­den kon­nte auch die Widerk­lage des Arbeit­ge­bers auf Fest­stel­lung für zukün­ftige anteilige Urlaub­skürzung bei Kurzarbeit keinen Erfolg haben.
Über die von den Klägern eben­falls kon­klu­dent ange­grif­f­ene Recht­sun­wirk­samkeit der Betrieb­svere­in­barun­gen Kurzarbeit aus formellen und inhaltlichen Gründe hat das Arbeits­gericht nicht entschei­den müssen. Hier­auf ist es vor­liegend nicht angekommen.
Die Beru­fung zum Lan­desar­beits­gericht wurde wegen der Bedeu­tung der Rechtssache zugelassen.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: https://landesarbeitsgericht.niedersachsen.de/s…