Arbeits­gericht Heil­bronn, Beschluss vom 15.06.2022, AZ 2 Ca 14/22

Aus­gabe: 06/2022

1. Begehrt die kla­gende Partei die Ent­fer­nung ein­er oder mehrerer Abmah­nun­gen aus der Per­son­alak­te, ist im Hin­blick auf den zwei­gliedri­gen Stre­it­ge­gen­stands­be­griff durch das Gericht festzustellen, ob die kla­gende Partei den ver­meintlichen Ent­fer­nungsanspruch auf die §§ 242, 1004 BGB ana­log oder auf Art. 17 Abs. 1 DSGVO stützt. Die Anspruchs­grund­la­gen set­zen unter­schiedlichen Tat­sachen­vor­trag betr­e­f­fend den jew­eili­gen Lebenssachver­halt voraus, wodurch eine Mehrheit von Stre­it­ge­gen­stän­den vorliegt.

2. Eine behar­rliche Weigerung des Arbeit­nehmers, seine ver­traglich geschuldete Arbeit­sleis­tung zu erbrin­gen, ist „an sich“ geeignet, eine außeror­dentliche frist­lose Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Dies gilt auch für den Fall, dass sich der Arbeit­nehmer weigert, zu einem durch den Arbeit­ge­ber ange­ord­neten ein­ma­li­gen Per­son­alge­spräch im Betrieb zu erscheinen, denn ein solch­es Gespräch kann im Hin­blick auf § 241 Abs. 2 BGB der Erhal­tung und Ver­wirk­lichung der im Arbeitsver­hält­nis beste­hen­den Hauptleis­tungspflicht­en dienen. Die Ein­ladung zu einem solchen Gespräch ist grund­sät­zlich vom Weisungsrecht des Arbeit­ge­bers gemäß § 106 Satz 1 GewO gedeckt. Dem Arbeit­ge­ber kommt dies­bezüglich eine gerichtlich nur eingeschränkt über­prüf­bare Ein­schätzung­sprärog­a­tive zu.

3. Im Rah­men des bil­li­gen Ermessens gemäß § 106 Satz 1 GewO sind im Hin­blick auf die ver­fas­sungsrechtlich geschützten Belange des Arbeit­nehmers auch die Auswirkun­gen der COVID-19-Pan­demie zu beacht­en. Der all­ge­meine Hin­weis auf ein möglich­es Infek­tion­srisiko und die Auswirkun­gen ein­er Quar­an­täne kön­nen das Direk­tion­srecht des Arbeit­ge­bers allerd­ings nicht ein­schränken. Dies gilt ins­beson­dere, wenn die Arbeit­sleis­tung bere­its aus dem Home-Office her­aus erbracht wird und der Arbeit­ge­ber nur zu einem ein­ma­li­gen Per­son­alge­spräch im Betrieb auffordert.

4. § 28b Abs. 4 Satz 1 IfSG in der Fas­sung vom 24.11.2021 begrün­det kein sub­jek­tives Recht des Arbeit­nehmers auf „Home-Office“.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: http://lrbw.juris.de/cgi-bin/laender_rechtsprec…