Lan­desar­beits­gericht Nieder­sach­sen, Beschluss vom 24.09.2020, AZ 10 Ta 114/20

Aus­gabe: 11–2020

1. Das Beschw­erdegericht hat uneingeschränkt zu prüfen, ob ein Aus­set­zungs­grund vor­liegt. Ist dies der Fall, kann es die Entschei­dung über die Aus­set­zung des Rechtsstre­its jedoch nur auf Ermessens­fehler hin nach­prüfen. Dabei hat es nur zu prüfen, ob das Arbeits­gericht von den zutr­e­f­fend­en Tat­sachen aus­ge­gan­gen ist, ob es von seinem Ermessen Gebrauch gemacht und ob es die all­ge­meinen Gren­zen des Ermessens einge­hal­ten hat.
2. Die ermessenslei­t­en­den Erwä­gun­gen sind in der Beschluss­be­grün­dung offen­zule­gen. Sofern sich die Ermessenser­wä­gun­gen nicht zweifels­frei aus den Akten erschließen lassen, hat das Beschw­erdegericht den Beschluss aufzuheben.
3. Für die Aus­set­zungsentschei­dung gemäß § 149 ZPO ist es nicht von Belang, ob sich der Ver­dacht ein­er Straftat erst im Laufe des Rechtsstre­its ergibt oder bere­its davor bestand.
4. Bei Sachver­halt­si­den­tität ist die Aus­set­zung nicht unzuläs­sig, son­dern regelmäßig geboten (BGH 24. April 2018 — VI ZB 52/16).
5. Die Vorschriften über die beson­dere Prozess­förderung in Kündi­gungsver­fahren kom­men nicht zur Anwen­dung, wenn nur über den Bestand des Arbeitsver­hält­niss­es in der Ver­gan­gen­heit gestrit­ten wird.
6. Ob gewichtige Gründe im Sinne von § 149 Abs. 2 Satz 2 ZPO für die Aufrechter­hal­tung der Aus­set­zung nach Ablauf eines Jahres sprechen, ist keine Ermessens‑, son­dern eine an das Vor­liegen solch­er gewichti­gen Gründe gebun­dene Entschei­dung des Gerichts (BVer­fG 30. Juni 2003 — 1 BvR 2020/02).

Lan­desar­beits­gericht Nieder­sach­sen 10. Kam­mer, Beschluss vom 24.09.2020, 10 Ta 114/20

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