1. Bei einem unbezifferten Leistungsantrag (hier bzgl. Nachteilsausgleichs) ist der Streitwert am angemessenen Betrag auszurichten, wenn die klagende Partei die Festlegung des Betrags in das Ermessen des Gerichts gestellt hat.

Ggf. hat das Gericht den Streitwert im Hinblick auf einen ihm angemessen und billig erscheinenden Betrag auch höher festzusetzen, als dies einer angegebenen Größenvorstellung der klagenden Partei entspricht (vgl. BGH 30. April 1996 – VI ZR 55/95, zu II b der Gründe; zum Streitstand ausführlich: OLG Saarbrücken 26. November 2009 – 4 W 343/09, Rn. 9, mwN).

2. Die in § 1a Abs. 2 KSchG festgelegte Höhe des gesetzlichen Abfindungsanspruchs nach § 1a Abs. 1 KSchG kann wegen der hierin ausgedrückten gesetzgeberischen Wertung als Berechnungsgrundlage beim Nachteilsausgleich nach § 113 BetrVG, § 83 TVPV herangezogen werden (vgl. BAG 7. November 2017 – 1 AZR 186/16, Rn. 35 – 38). Diese Grundsätze können auf § 83 TVPV übertragen werden.

3. Wie nach § 1a Abs. 2 Satz 3 KSchG ist bei der Ermittlung der Dauer des Arbeitsverhältnisses bei einem Zeitraum von mehr als sechs Monaten auf ein volles Jahr aufzurunden. Maßgeblich ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist.

4. Der Umstand, dass der mit der Klage für den Nachteilsausgleich geltend gemachte Betrag voraussichtlich nicht in vollem Umfang zu realisieren sein wird, rechtfertigt es in der vorliegenden Konstellation (Leistungsantrag) nicht, bei der Berechnung des Gesamtstreitwerts einen geringeren Betrag in Ansatz zu bringen.

5. Bei der Angabe eines Mindestbetrages entspricht der Streitwert mindestens diesem Betrag. Allerdings ist durch Auslegung zu ermitteln, ob es der klagenden Partei wirklich um die Angabe eines Mindesbetrages geht oder ob sie nur ihre Rechtsansicht zu einer aus ihrer Sicht richtigen Ermessensausübung kundtun möchte.

6. Nach einem sachdienlichen Übergang von einem Leistungs- auf einen Feststellungsantrag nach Anzeige der Neumasseunzulänglichkeit kann regelmäßig auf den Nominalbetrag der Forderung nicht mehr abgestellt werden (vgl. BGH 3. Februar 1988 – VIII ZR 276/87).

Massegläubiger, die sich mit dem Übergang auf einen Feststellungsantrag im Ergebnis einem Insolvenzverfahren unterwerfen, bringen damit zum Ausdruck, dass es ihnen um den Bestand ihrer Forderung nur noch im Rahmen der zu erreichenden Quote geht (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 6. September 2019 – 26 Ta (Kost) 6012/19). Dann kann die Werthaltigkeit des Antrags nicht unberücksichtigt bleiben.

7. Die Kammer geht für diese Konstellation davon aus, dass jedenfalls nach Anzeige der Neumasseunzulänglichkeit am 30. April 2019 eine realistische Quote für etwaige Nachteilsausgleichsansprüche, die über den für den Kündigungsschutzantrag festzusetzenden Betrag hinausgingen, nicht absehbar ist.

8. Wird der Nachteilsausgleichsanspruch als Hilfsantrag geltend gemacht, kommt es für die Bewertung auf den Zeitpunkt an, zu dem über den Antrag entschieden wird. Das gilt auch für die Angabe der klagenden Partei zu einem Mindestbetrages im Rahmen des unbezifferten Leistungsantrags.

9. Der Antrag auf Feststellung, dass zum Zeitpunkt der Kündigung zwischen den Parteien kein Arbeitsverhältnis bestanden hat, ist neben dem Kündigungsschutzantrag nicht gesondert zu bewerten.

10. Werden im Rahmen eines Kündigungsschutzverfahrens Auskünfte im Zusammenhang mit einem behaupteten Betriebsübergang gefordert, sind diese mit einem halben Bruttomonatsverdienst angemessen bewertet (vgl. dazu LAG Berlin-Brandenburg 7. August 2017 – 17 Ta (Kost) 6070/17, zu Nr. 1 der Gründe), wenn es darum geht, die Aussichten einer Klage gegen den vermeintlichen Betriebserwerber bewerten zu können bzw. die Klage gegen diesen vorzubereiten.

11. Dienen die Auskünfte bei verständiger Auslegung des Antrags allein der Schlüssigmachung der Klage gegen den Veräußerer oder einen zugleich mitverklagten Erwerber, entspricht das der Konstellation bei der Stufenklage, § 44 GKG (vgl. LAG Berlin-Brandenburg 6. September 2019 – 6012/19, Rn. 45).

12. Wird zunächst die volle Vergütung geltend gemacht, steht das der Berücksichtigung bzw. einem Abzug der Lohnersatzleistungen bei der Bemessung des Streitwerts dann nicht entgegen, wenn bereits bei Anbringung des Antrags darauf hingewiesen worden ist, dass Lohnersatzleistungen zu erwarten und diese noch abzuziehen sind (vgl. dazu LAG Berlin-Brandenburg 16. Juli 2019 – 26 Ta (Kost) 6040/19, Rn. 15).

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