(Kiel) Der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) hat mit zwei die Organ­schaft betr­e­f­fend­en Entschei­dun­gen zum einen seine Recht­sprechung zur finanziellen Eingliederung geän­dert und zum anderen ein neues Vor­abentschei­dungser­suchen an den Gericht­shof der Europäis­chen Union (EuGH) gerichtet. Bei­de Entschei­dun­gen sind nach Vor­abentschei­dung durch den EuGH ergangen.

Darauf ver­weist der Kiel­er Steuer­ber­ater Jörg Pas­sau, Vizepräsi­dent und geschäfts­führen­des Vor­standsmit­glied der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. in Kiel, unter Bezug auf die entsprechende Pressemit­teilung des BFH vom 23.03.2023 zu seinem Urteil vom 18.01.2023, Beschluss vom 26.01.2023
XI R 29/22 (XI R 16/18), V R 20/22 (V R 40/19).

Mit dem Urteil vom 18.01.2023 – XI R 29/22 (XI R 16/18) sieht der BFH die sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 des Umsatzs­teuerge­set­zes (UStG) ergebende Steuer­schuld­ner­schaft des Organträgers für die Umsätze der Organ­schaft ent­ge­gen früheren Zweifeln weit­er­hin als union­srecht­skon­form an. Die vom EuGH hier­für genan­nten Bedin­gun­gen (Wil­lens­durch­set­zung und keine Gefahr von Steuer­aus­fällen) wer­den gewährleis­tet, da der BFH schon bish­er die Möglichkeit der Wil­lens­durch­set­zung ver­langt und die Organge­sellschaft nach § 73 der Abgabenord­nung für die Umsatzs­teuer des Organträgers haftet.

Im Hin­blick auf das Kri­teri­um der Wil­lens­durch­set­zung ändert der BFH allerd­ings seine Recht­sprechung zur finanziellen Eingliederung. Für das Beste­hen ein­er Organ­schaft ist zwar weit­er im Grund­satz erforder­lich, dass dem Organträger die Mehrheit der Stimm­rechte an der Organge­sellschaft zuste­ht. Die finanzielle Eingliederung liegt nun­mehr aber auch dann vor, wenn der Gesellschafter zwar über nur 50 % der Stimm­rechte ver­fügt, die erforder­liche Wil­lens­durch­set­zung bei der Organge­sellschaft aber dadurch gesichert ist, dass er eine Mehrheits­beteili­gung am Kap­i­tal der Organge­sellschaft hält und er den einzi­gen Geschäfts­führer der Organge­sellschaft stellt.

Mit dem Beschluss vom 26.01.2023 – V R 20/22 (V R 40/19) soll gek­lärt wer­den, ob an der bish­eri­gen Annahme der Nicht­s­teuer­barkeit sog. Innenum­sätze weit­er festzuhal­ten ist. Es han­delt sich um das bere­its zweite Vor­abentschei­dungser­suchen in dieser Sache, bei dem es nun­mehr um eine Frage geht, die auf­grund der ersten Entschei­dung des EuGH in diesem Ver­fahren zweifel­haft gewor­den ist.

Nach ein­er vor ein­hun­dert Jahren vom Reichs­fi­nanzhof begrün­de­ten Recht­sprechung, die später vom Geset­zge­ber in das UStG über­nom­men wurde, unter­liegen Umsätze zwis­chen den Mit­gliedern ein­er Organ­schaft nicht der Umsatzs­teuer, weil die Organge­sellschaft als “unselb­ständi­ger” Teil im Gesam­tun­ternehmen des über­ge­ord­neten Organträgers ange­se­hen wird. Zweifel an dieser Betra­ch­tung ergeben sich daraus, dass der EuGH die Organge­sellschaft als selb­ständig ansieht und die Organ­schaft nach sein­er Recht­sprechung nicht zur Gefahr von Steuerver­lus­ten führen darf. Let­zteres kön­nte zu beja­hen sein, wenn der die Leis­tung von der Organge­sellschaft beziehende Organträger, wie im konkreten Stre­it­fall, nicht zum vollen Vors­teuer­abzug berechtigt ist.

Sollte der EuGH entschei­den, dass Innenum­sätze ent­ge­gen der ständi­gen BFH-Recht­sprechung steuer­bar sind, hätte dies weitre­ichende Fol­gen. Umsatzs­teuer­rechtlich dient die Organ­schaft als Gestal­tungsin­stru­ment für Unternehmer, die nicht zum vollen Vors­teuer­abzug berechtigt sind (z.B. Banken und Ver­sicherun­gen, Unternehmer im Gesund­heits- und Sozial­we­sen und im Bil­dungs­bere­ich sowie Ver­mi­eter von Woh­nun­gen). Nichtabziehbare Vors­teuer­be­träge lassen sich bis­lang für der­ar­tige Unternehmen dadurch ver­mei­den, dass sie mit Dien­stleis­tern Organ­schaften begrün­den, so dass die bezo­ge­nen Leis­tun­gen nicht steuer­bar sind.

Pas­sau emp­fahl, dies zu beacht­en und bei Fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de — verwies.

 

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