BGH, Beschluss vom 08.02.2023, AZ VI ZR 375/21

Aus­gabe: 02–2023

a) In § 630e BGB sind die vom Sen­at entwick­el­ten Grund­sätze zur Selb­st­bes­tim­mungsaufk­lärung kod­i­fiziert wor­den. Diese Grund­sätze gel­ten inhaltlich unverän­dert fort.

b) § 630e Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB nimmt die bish­erige Recht­sprechung auf, der zufolge der Patient vor dem beab­sichtigten Ein­griff so rechtzeit­ig aufgek­lärt wer­den muss, dass er durch hin­re­ichende Abwä­gung der für und gegen den Ein­griff sprechen­den Gründe seine Entschei­dungs­frei­heit und damit sein Selb­st­bes­tim­mungsrecht in angemessen­er Weise wahrnehmen kann. Die Bes­tim­mung sieht keine vor der Ein­willi­gung einzuhal­tende “Sper­rfrist” vor, deren Nichtein­hal­tung zur Unwirk­samkeit der Ein­willi­gung führen würde; sie enthält kein Erforder­nis, wonach zwis­chen Aufk­lärung und Ein­willi­gung ein bes­timmter Zeitraum liegen müsste. 

c) Zu welchem konkreten Zeit­punkt ein Patient nach ord­nungs­gemäßer – ins­beson­dere rechtzeit­iger — Aufk­lärung seine Entschei­dung über die Erteilung oder Ver­sa­gung sein­er Ein­willi­gung trifft, ist seine Sache. Sieht er sich bere­its nach dem Aufk­lärungs­ge­spräch zu ein­er wohlüber­legten Entschei­dung in der Lage, ist es sein gutes Recht, die Ein­willi­gung sofort zu erteilen. Wün­scht er dage­gen noch eine Bedenkzeit, so kann von ihm grund­sät­zlich erwartet wer­den, dass er dies gegenüber dem Arzt zum Aus­druck bringt und von der Erteilung ein­er — etwa im Anschluss an das Gespräch erbete­nen — Ein­willi­gung zunächst absieht. Eine andere Beurteilung ist — sofern medi­zinisch vertret­bar — allerd­ings dann geboten, wenn für den Arzt erkennbare konkrete Anhalt­spunk­te dafür gegeben sind, dass der Patient noch Zeit für seine Entschei­dung benötigt.

d) Die Ein­willi­gung in den ärztlichen Ein­griff ist kein Rechts­geschäft, son­dern eine Ges­tat­tung oder Ermäch­ti­gung zur Vor­nahme tat­säch­lich­er Hand­lun­gen, die in den Recht­skreis des Ges­tat­ten­den ein­greifen. Sie kann sich kon­klu­dent aus den Umstän­den und dem gesamten Ver­hal­ten des Patien­ten ergeben.

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