(Kiel) Der Bun­des­gericht­shof hat sich in ein­er Entschei­dung mit der Frage befasst, welche Anforderun­gen an die Frist­set­zung zur Nacher­fül­lung gemäß § 323 Abs. 1 BGB und § 281 Abs. 1 Satz 1 BGB zu stellen sind.

Darauf ver­weist der Kiel­er Recht­san­walt Jens Klar­mann, Lan­desre­gion­alleit­er „Schleswig-Hol­stein“ der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­des­gericht­shofs (BGH) vom 13.07.2016 zu seinem Urteil vom sel­ben Tage,  Az. VIII ZR 49/15.

  • Sachver­halt:

Die Klägerin bestellte bei der Beklagten, die ein Küchen­stu­dio betreibt, eine Ein­bauküche zum Gesamt­preis von 82.913,24 € brut­to. Die Küche wurde Mitte Jan­u­ar 2009 im Haushalt der Klägerin einge­baut. Der Ehe­mann der Klägerin bean­standete in einem Gespräch mit dem Inhab­er der Beklagten am 29. Jan­u­ar oder 2. Feb­ru­ar 2009 mehrere Sach­män­gel der Ein­bauküche. Die Klägerin behauptet, ihr Ehe­mann habe “unverzügliche” Besei­t­i­gung der gerügten Män­gel verlangt.

Mit ein­er E‑Mail vom 16. Feb­ru­ar 2009 äußerte die Klägerin die Bitte um schnelle Behe­bung von näher beze­ich­neten Män­geln, die sich zusät­zlich bemerk­bar gemacht hät­ten. Mit Schreiben vom 11. März 2009 lis­tete die Klägerin alle ihr bekan­nten Män­gel auf und ver­langte, diese bis zum 27. März 2009 zu beheben. Nach Behaup­tung der Klägerin habe der Inhab­er der Beklagten ihr daraufhin am 16. März 2009 tele­fonisch zuge­sagt, die Küche werde bis zum 23. März 2009 “fix und fer­tig” gestellt. Nach Aus­bleiben der Män­gelbe­sei­t­i­gung erk­lärte die Klägerin mit Anwaltss­chreiben vom 31. März 2009 den Rück­tritt vom Vertrag.

In einem von der Klägerin ein­geleit­eten selb­st­ständi­gen Beweisver­fahren kam der Sachver­ständi­ge im Juli 2009 zu dem Befund, dass die wichtig­sten Bere­iche der Ein­bauküche nicht oder nur bed­ingt funktionierten.

  • Bish­eriger Prozessverlauf: 

Die auf Rück­ab­wick­lung des Ver­trages sowie Schadenser­satz gerichtete Klage hat in den Vorin­stanzen keinen Erfolg gehabt. Das Ober­lan­des­gericht hat im Wesentlichen darauf abgestellt, dass die Klägerin es ver­säumt habe, der Beklagten vor dem am 31. März 2009 erk­lärten Rück­tritt eine angemessene Frist zur Nachbesserung der gerügten Män­gel zu set­zen, für die es eine Zeit von vier bis sechs Wochen als angemessen erachtet hat.

Mit der vom Sen­at zuge­lasse­nen Revi­sion ver­fol­gt die Klägerin ihr Klage­begehren weiter.

  • Entschei­dung des Bundesgerichtshofs: 

Der unter anderem für das Kaufrecht zuständi­ge VIII. Zivilse­n­at des Bun­des­gericht­shofs hat in Bestä­ti­gung und Fort­führung sein­er bish­eri­gen Recht­sprechung entsch­ieden, dass es für eine Frist­set­zung zur Nacher­fül­lung genügt, wenn der Käufer durch das Ver­lan­gen nach sofor­tiger, unverzüglich­er oder umge­hen­der Leis­tung oder durch ver­gle­ich­bare For­mulierun­gen deut­lich macht, dass dem Verkäufer für die Erfül­lung nur ein begren­zter Zeitraum zur Ver­fü­gung ste­ht. Der Angabe eines bes­timmten Zeitraums oder eines bes­timmten (End-) Ter­mins bedarf es dabei nicht.

Ins­beson­dere das in der E‑Mail vom 16. Feb­ru­ar 2009 mit auf fünf Seit­en konkretisierten Män­geln der Ein­bauküche und der Bitte um “schnelle Behe­bung” verse­hene Nachbesserungsver­lan­gen der Klägerin enthielt eine aus­re­ichende Frist­set­zung. Denn mit ein­er der­ar­ti­gen For­mulierung wird dem Verkäufer eine zeitliche Gren­ze geset­zt, die auf­grund der jew­eili­gen Umstände des Einzelfalls bes­timm­bar ist und ihm vor Augen führt, dass er die Nachbesserung nicht zu einem beliebi­gen Zeit­punkt bewirken darf. Trotz der gewählten höflichen Beze­ich­nung als “Bitte” ließ die Klägerin dabei auch keine Zweifel an der Ern­sthaftigkeit des Nacher­fül­lungsver­lan­gens aufkom­men, zumal der E‑Mail bere­its die mündliche Nachbesserungsauf­forderung vom 29. Januar/2. Feb­ru­ar 2009 voraus­ge­gan­gen war. Die nach Zugang dieser E‑Mail bis zur Rück­trittserk­lärung ver­strich­ene Zeit von sechs Wochen war nach der insoweit nicht ange­grif­f­e­nen Beurteilung des Ober­lan­des­gerichts zur Nachbesserung auch angemessen.

Außer­dem hat das Ober­lan­des­gericht verkan­nt, dass nach der genan­nten Sen­at­srecht­sprechung auch die von der Klägerin behaupteten mündlichen Män­gel­rü­gen ihres Ehe­mannes am 29. Januar/ 2. Feb­ru­ar 2009 — die ihr zuzurech­nen wären — mit dem Ver­lan­gen “unverzüglich­er” Besei­t­i­gung der Män­gel Grund­lage eines tauglichen Nachbesserungsver­lan­gens sein kön­nten. Weit­er­hin hat es im Zusam­men­hang mit der Nachbesserungsauf­forderung vom 11. März 2009, die mit ein­er — zu kurzen — Frist­set­zung verse­hen war, der unter Beweis gestell­ten der Behaup­tung der Klägerin, der Inhab­er der Beklagten habe ihr in einem Tele­fonat zuge­sagt, dass die Ein­bauküche bere­its zum 23. März 2009 “fix und fer­tig” gestellt würde, zu Unrecht keine Bedeu­tung zugemessen. Denn auch eine objek­tiv zu kurze Nachbesserungs­frist darf der Gläu­biger als angemessen anse­hen, wenn der Verkäufer sie dem Käufer selb­st vorgeschla­gen hat.

Überdies spricht — jeden­falls nach dem im Revi­sionsver­fahren zugrunde zu leg­en­den Sachvor­trag der Klägerin — schließlich alles dafür, dass die Klägerin gemäß § 440 Satz 1 Var. 3 BGB  sog­ar ohne vorherige Frist­set­zung zum Rück­tritt berechtigt war, weil die ihr zuste­hende Art der Nacher­fül­lung unzu­mut­bar war. Um dies zu beurteilen, sind alle Umstände des Einzelfall­es zu berück­sichti­gen — ins­beson­dere die Zuver­läs­sigkeit des Verkäufers oder der Umstand, dass der Verkäufer bere­its bei Über­gabe einen erhe­blichen Man­gel an fach­lich­er Kom­pe­tenz hat erken­nen lassen und das Ver­trauensver­hält­nis zwis­chen den Parteien nach­haltig gestört ist. Das Ober­lan­des­gericht hat auch insoweit den Tat­sachen­vor­trag der Klägerin unzure­ichend gewürdigt und außer Acht gelassen, dass diese eine ungewöhn­liche Häu­fung grober Mon­tagemän­gel bean­standet hatte.

Der Sen­at hat nach alle­dem das Beru­fung­surteil aufge­hoben und die Sache zur neuen Ver­hand­lung und Entschei­dung an einen anderen Sen­at des Ober­lan­des­gericht zurück­ver­wiesen, der ins­beson­dere Beweis über die behaupteten Sach­män­gel zu erheben haben wird.

Klar­mann emp­fahl daher, dies zu beacht­en und bei Fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

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