(Kiel) Der u.a. für das Ver­sicherungsver­tragsrecht zuständi­ge IV. Zivilse­n­at des Bun­des­gericht­shofs hat soeben über einen Fall entsch­ieden, in dem der Ver­sicherungsnehmer erhöhte Kranken­ver­sicherungs­beiträge zurück­ver­langte, die er seit dem Jahr 2008 auf­grund sein­er Ansicht nach unwirk­samer Prämien­an­pas­sun­gen gezahlt hat­te. Der Sen­at hat in diesem Fall einen möglichen Anspruch auf Rück­zahlung der bis zum 31.  Dezem­ber 2014 gezahlten Erhöhungs­be­träge als ver­jährt angesehen.

Darauf ver­weist die Gießen­er Fachan­wältin für Ver­sicherungsrecht Kat­ja Knabel von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. in Kiel unter Hin­weis auf das Urteil des Bun­des­gericht­shofs (BGH) zu seinem Urteil vom 17. Novem­ber 2021 – IV ZR 113/20.

  • Sachver­halt und Prozessverlauf: 

Der Kläger wandte sich gegen mehrere Beitragser­höhun­gen in den Jahren 2008, 2009, 2013 und 2016, die sein pri­vater Kranken­ver­sicher­er vorgenom­men hat­te. Der Kläger ist der Auf­fas­sung, dass die Beitragser­höhun­gen wegen unzure­ichen­der Begrün­dun­gen im Sinne des § 203 Abs. 5 VVG unwirk­sam seien; er forderte mit sein­er im Jahr 2018 erhobe­nen Klage zulet­zt u.a. die Rück­zahlung der auf die Beitragser­höhun­gen vom 1. Juli 2008 bis zum 31. Dezem­ber 2017 gezahlten Prämienanteile.

Das Landgericht hat sein­er Klage stattgegeben und den beklagten Ver­sicher­er u.a. antrags­gemäß zur Rück­zahlung der gezahlten Erhöhungs­be­träge verurteilt. Das Ober­lan­des­gericht hat dies teil­weise abgeän­dert und die Beklagte u.a. nur zur Rück­zahlung der vom 1. Jan­u­ar 2015 bis zum 31. Dezem­ber 2017 geleis­teten Erhöhungs­be­träge verurteilt. Nach Auf­fas­sung des Beru­fungs­gerichts seien weit­ere Beitragszahlun­gen, die bis Ende 2014 erfol­gt seien, nicht zurück­zuer­stat­ten, da insoweit Ver­jährung einge­treten sei.

Hierge­gen richtet sich die Revi­sion des Klägers. Auch die Beklagte hat Revi­sion eingelegt.

  • Die Entschei­dung des Senats: 

Der Bun­des­gericht­shof hat entsch­ieden, dass die Erhe­bung ein­er Klage, mit der die formelle Unwirk­samkeit von Beitragser­höhun­gen in der pri­vat­en Kranken­ver­sicherung auf­grund ein­er den Anforderun­gen des § 203 Abs. 5 VVG nicht genü­gen­den Begrün­dung gel­tend gemacht wird, jeden­falls dann nicht wegen ein­er unsicheren und zweifel­haften Recht­slage bis zur Klärung durch den Bun­des­gericht­shof unzu­mut­bar war, wenn der Ver­sicherungsnehmer gle­ich­wohl bere­its vor ein­er höch­strichter­lichen Entschei­dung seinen Anspruch gegenüber dem Schuld­ner gel­tend macht und dadurch selb­st zu erken­nen gibt, vom Beste­hen des Anspruchs auszuge­hen. Der Beginn der Ver­jährungs­frist für Ansprüche auf Rück­zahlung erhöhter Beiträge war daher nicht bis zu ein­er Entschei­dung des Bun­des­gericht­shofs hin­aus­geschoben. Der IV. Zivilse­n­at hat­te mit Urteil vom 16. Dezem­ber 2020 (IV ZR 294/19, BGHZ 228, 56, Pressemit­teilung Nr. 161/2020) über die Anforderun­gen an die Begrün­dung ein­er Prämien­an­pas­sung entschieden.

Der Kläger erlangte die für den Beginn der Ver­jährungs­frist nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB erforder­liche Ken­nt­nis vom Fehlen des Rechts­grun­des für die Zahlung der Erhöhungs­be­träge mit Erhalt der sein­er Ansicht nach for­mal unzure­ichen­den Änderungsmit­teilun­gen. Dage­gen ist es für den Beginn der Ver­jährungs­frist ohne Bedeu­tung, ob er mit dem Zugang der Änderungsmit­teilun­gen auch Ken­nt­nis von den Tat­sachen hat­te, aus denen die von ihm eben­falls gel­tend gemachte materielle Unwirk­samkeit der Beitragser­höhun­gen fol­gen kön­nte. Eine erneute Ken­nt­nis­nahme vom Fehlen des­sel­ben Rechts­grun­des aus weit­eren Grün­den set­zt keine neue Ver­jährungs­frist in Gang.

Das Beru­fungs­gericht hat daher zu Recht die Rück­zahlungsansprüche für die bis zum 31. Dezem­ber 2014 geleis­teten Erhöhungs­be­träge für ver­jährt gehal­ten. Während die Revi­sion des Klägers deswe­gen ins­ge­samt zurück­gewiesen wurde, hat­te die Revi­sion der Beklagten zu nicht die Ver­jährung betr­e­f­fend­en Fra­gen teil­weise Erfolg und führte insoweit zur Abän­derung des Beru­fung­surteils. Im Übri­gen hat der Bun­des­gericht­shof das Beru­fung­surteil teil­weise aufge­hoben und die Sache zur neuen Ver­hand­lung und Entschei­dung an das Beru­fungs­gericht zurück­ver­wiesen, damit es die materielle Recht­mäßigkeit der Prämien­an­pas­sun­gen aus den Jahren 2008, 2009 und 2013 im Hin­blick auf die in nicht ver­jährter Zeit gezahlten Erhöhungs­be­träge prüfen kann.

Recht­san­wältin Knabel emp­fahl, dies zu beacht­en und bei Fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei sie in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

 

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