(Kiel) Der unter anderem für das Wet­tbe­werb­srecht zuständi­ge I. Zivilse­n­at des Bun­des­gericht­shofs hat entsch­ieden, dass der Betreiber eines Affil­i­ate-Pro­gramms nicht für die irreführende Wer­bung eines Affil­i­ate-Part­ners haftet, wenn dieser im Rah­men eines eige­nen Pro­dukt- oder Dien­stleis­tungsange­bots tätig gewor­den ist und es deshalb an ein­er Erweiterung des Geschäfts­be­triebs des Betreibers des Affil­i­ate-Pro­gramms fehlt.

Darauf ver­weist der Frank­furter Recht­san­walt und Fachan­walt für gewerblichen Rechtss­chutz Dr. Jan Felix Ise­le von der Kan­zlei DANCKELMANN UND KERST, Vizepräsi­dent der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, unter Hin­weis auf die Mit­teilung des Bun­des­gericht­shofs (BGH) zu seinem Urteil vom 26. Jan­u­ar 2023 — I ZR 27/22.

  • Sachver­halt:

Die Klägerin ist eine Matratzen­her­stel­lerin. Die Beklagten sind Gesellschaften der Ama­zon-Gruppe und in unter­schiedlichen Funk­tio­nen am Betrieb der Online-Verkauf­s­plat­tform “Ama­zon” beteiligt. Im Rah­men des von der Beklagten zu 1 betriebe­nen Ama­zon-Part­ner­pro­gramms ste­ht es Drit­ten, soge­nan­nten Affil­i­ates, frei, auf der eige­nen Web­seite Links auf Ange­bote der Verkauf­s­plat­tform zu set­zen. Wird dadurch ein Verkauf ver­mit­telt, erhält der Affil­i­ate als Pro­vi­sion einen prozen­tualen Anteil am Kauf­preis. Im Jahr 2019 warb ein Affil­i­ate auf sein­er Web­seite, die sich im weitesten Sinne mit den The­men Schlaf und Matratzen befasste und zumin­d­est optisch einem redak­tionellen Online-Mag­a­zin entsprach, unter anderem für Matratzen unter Ver­wen­dung von Links auf entsprechende Ange­bote auf der Verkauf­s­plat­tform. Die Klägerin hält die Wer­bung des Affil­i­ates für irreführend und hat die Beklagten, denen der Wet­tbe­werb­sver­stoß ihres Affil­i­ates gemäß § 8 Abs. 2 UWG zuzurech­nen sei, auf Unter­las­sung in Anspruch genommen.

  • Bish­eriger Prozessverlauf: 

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Ober­lan­des­gericht hat die Beru­fung der Klägerin zurück­gewiesen. Die bean­standete Wer­bung sei zwar irreführend und daher wet­tbe­werb­swidrig. Die Beklagten hafteten für diesen Wet­tbe­werb­sver­stoß des Affil­i­ates aber nicht als Täter oder Teil­nehmer. Auch die Voraus­set­zun­gen ein­er Haf­tung des Unternehmensin­hab­ers für Beauf­tragte nach § 8 Abs. 2 UWG lägen nicht vor.

  • Entschei­dung des Bundesgerichtshofs: 

Der Bun­des­gericht­shof hat die Revi­sion der Klägerin zurückgewiesen.

Der innere Grund für die Zurech­nung der Geschäft­stätigkeit des Beauf­tragten gemäß § 8 Abs. 2 UWG liegt vor allem in ein­er dem Betrieb­sin­hab­er zugutek­om­menden Erweiterung des Geschäfts­be­triebs und ein­er gewis­sen Beherrschung des Risikobere­ichs durch den Betrieb­sin­hab­er. Unter Berück­sich­ti­gung der Aus­gestal­tung des Ama­zon-Part­ner­pro­gramms sowie der bean­stande­ten Web­seite des Affil­i­ates fehlt es im Stre­it­fall an ein­er solchen Erweiterung des Geschäfts­be­triebs der Beklagten zu 1 und damit am inneren Grund der Zurech­nung gemäß § 8 Abs. 2 UWG. Entwick­eln Affil­i­ates eigene Pro­duk­te oder Dien­stleis­tun­gen — hier eine Inter­net­seite mit redak­tionell gestal­teten Beiträ­gen zu den The­men Schlaf und Matratzen -, deren Inhalt sie nach eigen­em Ermessen gestal­ten und zum Ver­di­enst von Pro­vi­sio­nen bei ver­schiede­nen Anbi­etern ein­set­zen, ist die Wer­bung über den Affil­i­ate-Link ein Teil des Pro­duk­ts, das inhaltlich von den Affil­i­ates in eigen­er Ver­ant­wor­tung und im eige­nen Inter­esse gestal­tet wird. Die Links wer­den von ihnen nur geset­zt, um damit zu ihren Gun­sten Pro­vi­sio­nen zu gener­ieren. Ein solch­er eigen­er Geschäfts­be­trieb eines Affil­i­ates stellt keine Erweiterung des Geschäfts­be­triebs der Beklagten zu 1 dar.

Es fehlt im Stre­it­fall auch an der für eine Haf­tung nach § 8 Abs. 2 UWG erforder­lichen Beherrschung des Risikobere­ichs durch die Beklagte zu 1. Der Affil­i­ate wird bei der Ver­linkung nicht in Erfül­lung eines Auf­trags beziehungsweise der mit Ama­zon geschlosse­nen Vere­in­barung tätig, son­dern im Rah­men des von ihm entwick­el­ten Pro­duk­ts und allein im eige­nen Namen und im eige­nen Inter­esse. Die Beklagte zu 1 musste sich einen bes­tim­menden und durch­set­zbaren Ein­fluss auch nicht sich­ern, weil sie mit dem Pro­dukt des Affil­i­ates ihren Geschäfts­be­trieb nicht erweit­ert hat.

Recht­san­walt Dr. Ise­le emp­fahl, dies zu beacht­en und in allen Zweifels­fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

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Dr. Jan Felix Ise­le, Rechtsanwalt
Fachan­walt für gewerblichen Rechtsschutz

Vizepräsi­dent der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V., Kiel

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