(Kiel) Will man seine Kun­den behal­ten, muss man manch­mal offene Forderun­gen stun­den. Der Kunde zahlt dann die erhal­tene Ware später, oft auch nur in Rat­en. Geht der Kunde in die Insol­venz, hat der Waren­liefer­ant aber oft mehrere Prob­leme: So manche Rech­nung ist noch offen, die vere­in­barten Rat­en nicht alle geleis­tet. Dann kommt der Insol­ven­zver­wal­ter und fordert auch noch die schon bezahlten Rat­en zurück.

Er ver­weist dann in der Regel darauf, so der Mannheimer Recht­san­walt und Fachan­walt für Insol­ven­zrecht Rain­er – Man­fred Althaus von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel, für den Liefer­an­ten sei die Zahlung­sun­fähigkeit des Kun­den erkennbar gewe­sen. Diese Aus­sage stützt er auf eine Rei­he von Indizien. Diese wur­den von der Recht­sprechung entwick­elt. Sie erle­ichtern dem Insol­ven­zver­wal­ter die Rück­forderung von Geldern, die der Schuld­ner im Vor­feld ein­er Insol­venz an seine Gläu­biger gezahlt hat.

Ein solch­es Indiz ist das schlep­pende Zahlungsver­hal­ten des Schuld­ners. Hierzu hat­te eine Entschei­dung des BGH vom 10.02.2022 (IX ZR 148/19) für Erle­ichterung bei Liefer­an­ten gesorgt. Vor allem in der Baustoff­branche: Aus einem im Wesentlichen gle­ich­bleiben­den, dauer­haft schlep­pen­den Zahlungsver­hal­ten des Schuld­ners kann nicht ohne Weit­eres auf eine Zahlung­se­in­stel­lung und damit Zahlung­sun­fähigkeit des Schuld­ners geschlossen wer­den. Es müssen vielmehr noch weit­ere Indizien hinzukom­men, damit der Gläu­biger von ein­er Zahlung­sun­fähigkeit aus­ge­hen musste.

  • ABER:

Die schein­bare Erle­ichterung hil­ft dem Liefer­an­ten oft nichts: Wenn das Zahlungsver­hal­ten des Schuld­ners nicht gle­ich­bleibt, son­dern ver­schlechtert, wird das schlep­pende Zahlungsver­hal­ten wieder zusam­men mit den weit­eren Anze­ichen zu Las­ten des Liefer­an­ten gew­ertet: Ihm wird unter­stellt, er hätte die Zahlung­sun­fähigkeit erken­nen müssen. In einem aktuell entsch­iede­nen Fall hat das OLG Schleswig (Urteil v. 02.11.2022, 9U 63/22) genau das gemacht:

  • Ein paar Punk­te daraus:

Es hat­te zwar erfol­gre­ich aus­ge­führte Abbuchun­gen gegeben. Aber die Zahl und Umfang der Rück­lastschriften über­wogen. Selb­st der Einzug kleiner­er Beträge scheit­erte. Damit ein Indiz gegen den Lieferanten.

Der Schuld­ner hat­te lediglich ein auf Guthaben­ba­sis geführtes Kon­to. Das wertete das OLG neg­a­tiv:  Der Liefer­ant habe erken­nen kön­nen, dass die Bank dem Schuld­ner noch nicht ein­mal einen Überziehungskred­it ein­räumt. Da bere­its bei den ersten Abbuchun­gen offen­bar nicht genü­gend Guthaben zur Durch­führung der Belas­tun­gen vorhan­den war, hät­ten sich dem Liefer­an­ten die Zahlungss­chwierigkeit­en des Schuld­ners bere­its da offenbart.

Der Liefer­ant hat­te sich zur Vertei­di­gung darauf berufen, dass ein sog. Bargeschäft nach § 142 InsO vor­liegt. Dieses ist in der Regel nicht anfecht­bar. Der Liefer­ant kann dann das Geld behal­ten. Ein Bargeschäft set­zt voraus, dass der Aus­tausch von Geld und Ware zeit­nah erfol­gen. Das wird in der Regel bei Liefer­ung und Zahlung inner­halb von 30 Tagen angenom­men. Gezahlt wer­den kann z.B.  per Über­weisung oder in bar. ABER: Zum Ver­häng­nis wurde dem Liefer­an­ten ein lei­der typ­is­ch­er Denk-Fehler bei Bargeschäften und bei Raten­zahlungsvere­in­barun­gen: Hat man über die AGB einen soge­nan­nten erweit­erten Eigen­tumsvor­be­halt vere­in­bart, dann geht das Eigen­tum an den bezahlten Waren erst dann auf den Kun­den über, wenn alle Forderun­gen aus der Geschäfts­beziehung bezahlt sind. Mit der Zahlung der Rech­nung für eine bes­timmte Ware geht also das Eigen­tum daran gar nicht auf den Kun­den über. Das passiert erst, wenn alle offe­nen Rech­nun­gen bezahlt sind oder ggf. durch Ver­ar­beitung. Nicht aber sofort oder sich­er inner­halb von 30 Tagen. Damit find­et also kein Bargeschäft statt. Auch wenn die Ver­tragsparteien das so gewollt haben. Hier muss man auf­passen und ggf. im Einzelfall die entsprechen­den Regelun­gen der AGB auss­chließen oder anpassen.

Bei Raten­zahlungsvere­in­barun­gen hat man ohne­hin das Prob­lem, dass die Rat­en auf bere­its fäl­lige Forderun­gen bezahlt wer­den. Meist sind die zuge­höri­gen Waren bere­its vor mehr als 30 Tagen geliefert wor­den, die Forderun­gen also schon länger als 30 Tage offen. Zumal bei ein­er Rate oft keine Zuord­nung zu den konkreten Rech­nun­gen bzw. Waren mehr stat­tfind­et. Das erschw­ert die Sit­u­a­tion zusät­zlich, auch wenn man davon aus­ge­hen muss, dass immer auf die älteste Forderung bezahlt wird.

In der Prax­is ist es für den Liefer­an­ten immer schw­er einzuschätzen, wie sich die Geschäfts­beziehung entwickelt.

Zahlt der Kunde schon von Anfang an schlep­pend, sollte man sich gut über­legen, ob einem dieser Kunde ein Risiko wirk­lich wert ist. Wenn ja, dann sollte man Maß­nah­men zur Begren­zung ein­leit­en und am besten vor­ab anwaltlichen Rat einholen.

Recht­san­walt Althaus emp­fahl dies zu beacht­en und in allen Zweifels­fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

 

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Rain­er-Man­fred Althaus, Rechtsanwalt
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