Pressemit­teilung des BFH Nr. 59 vom 19. Sep­tem­ber 2019

Grund­stück­sen­teig­nung kein pri­vates Veräußerungs­geschäft im Sinne des § 23 EStG

Urteil vom 23.7.2019 IX R 28/18

Der Eigen­tumsver­lust durch Enteig­nung ist keine Veräußerung i.S. des § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Dies hat der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) mit Urteil vom 23.07.2019 IX R 28/18 zu § 23 des Einkom­men­steuerge­set­zes (EStG) entsch­ieden, da der Entzug des Eigen­tums ohne maßge­blichen Ein­fluss des Steuerpflichti­gen stattfindet.

Im Stre­it­fall hat­te der Kläger an einem unbe­baut­en Grund­stück im Jahr 2005 einen zusät­zlichen Miteigen­tum­san­teil durch Zuschlag in der Zwangsver­steigerung erwor­ben. Hier­durch wurde er Alleineigen­tümer des Grund­stücks. Im Jahr 2008 führte die Stadt, in der das Grund­stück bele­gen war, ein Boden­son­derungsver­fahren durch und erließ einen dieses Grund­stück betr­e­f­fend­en und an den Kläger gerichteten Son­derungs­bescheid nach dem Boden­son­derungs­ge­setz, mit dem das Eigen­tum an dem Grund­stück auf die Stadt überg­ing. Der Kläger erhielt eine Entschädi­gung i.H.v. 600.000 € für das gesamte Grund­stück. Das Finan­zamt sah in der Enteig­nung in Bezug auf den in der Zwangsver­steigerung erwor­be­nen Miteigen­tum­san­teil ein Veräußerungs­geschäft i.S. des § 23 EStG und set­zte entsprechend dem Zufluss der Entschädi­gungszahlun­gen –nach mehreren Änderun­gen– in den Einkom­men­steuerbeschei­den des Klägers für die Stre­it­jahre 2009 und 2012 einen Veräußerungs­gewinn von 175.244,97 € ( 2009) und von 43.500 € (2012) fest. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt: die hoheitliche Über­tra­gung des Eigen­tums an einem Grund­stück führe nicht zu einem steuer­baren Gewinn aus einem pri­vat­en Veräußerungs­geschäft. Der BFH hat die Entschei­dung des FG bestätigt.

Pri­vate Veräußerungs­geschäfte sind gemäß § 23 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG u.a. Veräußerungs-geschäfte bei Grund­stück­en, soweit der Zeitraum zwis­chen Anschaf­fung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt. Die Begriffe “Anschaf­fung” und “Veräußerung” erfassen ent­geltliche Erwerbs- und Über­tra­gungsvorgänge, die wesentlich vom Willen des Steuerpflichti­gen abhän­gen; sie müssen Aus­druck ein­er wirtschaftlichen Betä­ti­gung sein. An ein­er wil­lentlichen Über­tra­gung auf eine andere Per­son fehlt es, wenn – wie im Falle ein­er Enteig­nung – der Ver­lust des Eigen­tums am Grund­stück ohne maßge­blichen Ein­fluss des Steuerpflichti­gen (und ggf. auch gegen seinen Willen) stat­tfind­et. Diese am Wort­laut ori­en­tierte Geset­ze­sausle­gung entspricht, wie der BFH in seinem Urteil betonte, dem his­torischen Willen des Geset­zge­bers; sie sei auch vor dem Hin­ter­grund eines sys­tem­a­tis­chen Ausle­gungsansatzes folgerichtig.

siehe auch: Urteil des IX. Sen­ats vom 23.7.2019 — IX R 28/18 -

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