(Kiel) Die Vermietung von Zimmerkontingenten an eine Kommune zur Unterbringung unbegleiteter minderjähriger Geflüchteter überschreitet nicht den Nutzungszweck eines zum Hotelbetrieb gepachteten Gebäudes.

Dies gilt jedenfalls, solange hiermit keine übermäßige Abnutzung oder sonstige Beeinträchtigung für den Verpächter verbunden ist, die über die übliche Nutzung durch Hotelgäste hinausgeht.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat mit diesem Hinweis die auf Räumung und Herausgabe des Hotels gerichtete Klage der Verpächterin abgewiesen, so der Kieler Fachanwalt für Arbeitsrecht Jens Klarmann von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. in Kiel unter Hinweis auf die Mitteilung des OLG vom 15.04.2025 zu seinem Urteil vom 21.02.2025, Az. 2 U 63/24.

Die Klägerin schloss 2016 mit der Beklagten einen Vertrag über Räumlichkeiten zum Betrieb des „Hotel F.“ in Gießen. Die Sache durfte vertraglich nur zum vereinbarten Nutzungszweck gebraucht werden. Seit Herbst 2022 buchte das Jugendamt der Stadt Gießen regelmäßig Zimmer für in seiner Obhut stehende Jugendliche. Nach Abmahnung kündigte die Klägerin 2023 fristlos. Sie hält die Unterbringung unbegleiteter Jugendlicher für vertragswidrig. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Räumung und Herausgabe verurteilt.

Auf die hiergegen eingelegte Berufung wies der für Miet- und Pachtrecht zuständige 2. Zivilsenat des OLG die Klage ab. Der Vertrag zwischen den Parteien sei nicht wirksam fristlos gekündigt worden.

Die Beklagte habe insbesondere nicht die Rechte der Klägerin durch eine unbefugte Überlassung an Dritte in erheblichem Maße verletzt (§ 543 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dem Betrieb eines Hotels sei es immanent, dass es zu Beherbungsverträgen mit Dritten komme. Davon umfasst sei etwa auch, dass bei der Buchung von Zimmerkontingenten durch Firmen o.ä. ein ganzes Hotel faktisch durch ein und denselben Mieter belegt werde. Der hier zu beurteilende Abschluss von zeitlich begrenzten und auf bestimmte Zimmer bezogenen Beherbungsverträgen mit der Stadt Gießen sei folglich nicht unbefugt gewesen. Die Grenze zur unzulässigen Gebrauchsüberlassung wäre allenfalls dann überschritten, wenn die Stadt das gesamte Gebäude übernommen und zu einem Flüchtlingsheim umgebaut hätte. Dies sei indes nicht der Fall.

Eine zur Kündigung berechtigende Gefährdung der Mietsache (Vernachlässigung) durch unbegleitete minderjährige Geflüchteten sei ebenfalls nicht erkennbar.

Schließlich liege auch keine Pflichtverletzung wegen Überschreitung des Vertragszwecks vor, die nach Abwägung der beidseitigen Interessen zur Kündigung berechtigen würde. Die zeitweilige Vermietung an die Stadt Gießen zum Zweck der Unterbringung minderjähriger unbegleiteter Geflüchteter überschreite nicht den Vertragszweck. Die vertragliche vereinbarte Nutzungsart als Hotel sei durch das Angebot von individueller Unterkunft, Service, Verpflegung und Nebenleistungen gekennzeichnet. Die Aufenthaltsdauer der Gäste, der Zweck des Aufenthalts und die Motive für die Anmietung der Zimmer stellten dagegen keine entscheidenden Kriterien für die Bewertung als Hotelbetrieb dar. Die Klägerin habe im Hinblick auf den vereinbarten Nutzungszweck insbesondere keinen Anspruch darauf, „dass die Vermietung nur an einen bestimmten Personenkreis erfolgen darf, solange keine Beeinträchtigungen der Räumlichkeiten vorliegen bzw. zu befürchten sind“, unterstrich der Senat. Es sei auch nicht vorgetragen, dass „Geflüchtete die Zimmer intensiver und nachlässiger nutzten als dies bei einer „normalen“ Vermietung an Hotelgäste der Fall wäre“, führte der Senat weiter aus.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann mit der Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision begehren.

Klarmann empfahl, dies zu beachten und bei Fragen auf jeden Fall Rechtsrat einzuholen, wobei er in diesem Zusammenhang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  – verwies.

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