Das Lan­desar­beits­gericht hat heute die Beru­fung der Volk­swa­gen AG ins­ge­samt und die Anschluss­beru­fung des Klägers gegen ein Urteil des Arbeits­gerichts Braun­schweig zum Teil zurück­gewiesen. Die Parteien stre­it­en um die Wirk­samkeit ein­er frist­losen, hil­f­sweise frist­gemäßen Kündi­gung und um Weiterbeschäftigung.
Im Juni 2017 bre­it­ete eine Gruppe Män­ner während des Auftritts ein­er Sän­gerin in ein­er Großraum-Diskothek auf Mal­lor­ca eine schwarz-weiß-rote Flagge aus, die ein­er Reich­skriegs­flagge nachemp­fun­den war. Auch der seit 1998 bei der Beklagten beschäftigte Kläger befand sich in der Diskothek. Er hat unter seinem Namen ein Face­book-Pro­fil angelegt. Nach­dem ihn eine Zeitung über dieses Pro­fil wegen des Vor­falls kon­tak­tiert hat­te, forderte der Kläger die Zeitung auf, ihn und die Beklagte nicht namentlich zu nennen.

Die Beklagte befragte den Kläger zu dem Vor­fall auf Mal­lor­ca und stellte ihn anschließend bezahlt von der Arbeit frei. Weit­ere Fra­gen, u.a. nach ein­er Mit­glied­schaft bei den soge­nan­nten Ham­mer­skins, beant­wortete der Kläger nicht. Mit Zus­tim­mung des Betrieb­srats sprach die Beklagte dem Kläger eine außeror­dentliche frist­lose, hil­f­sweise eine frist­gemäße Tat- und Ver­dacht­skündi­gung aus ver­hal­tens- und per­so­n­enbe­d­ingten Grün­den aus.

Der Kläger hat mit sein­er Kündi­gungss­chutzk­lage gel­tend gemacht, er sei an dem Vor­fall nicht beteiligt gewe­sen und habe sich nur abseits der Gruppe bewegt. Für die Berech­ti­gung der Kündi­gung komme es nur auf sein Ver­hal­ten am Arbeit­splatz an.

Die Beklagte hat vor­ge­tra­gen, der Kläger habe sich in der Öffentlichkeit mit recht­sradikalem und ver­fas­sungswidrigem Ver­hal­ten dargestellt. Die Per­so­n­en­gruppe habe in der Diskothek auch die Worte „Aus­län­der raus!“ skandiert. Zahlre­iche Medi­en hät­ten über das Ver­hal­ten des Klägers und seine Zuge­hörigkeit zur recht­sradikalen Szene berichtet. Schon zuvor habe der Kläger wegen sein­er Gesin­nung und seines Wirkens für die sog. Ham­mer­skins im medi­alen Fokus ges­tanden und auch über den öffentlichen Bere­ich seines Face­book-Pro­fils frem­den­feindliche Äußerun­gen geteilt. Da in ihrem Unternehmen Mitar­beit­er aus 114 Natio­nen tätig seien, tre­ffe sie eine beson­dere Ver­ant­wor­tung, gegen jede Form von Frem­den­feindlichkeit oder ras­sis­tis­chem Gedankengut vorzuge­hen. Sie habe zudem eine beson­dere geschichtliche Ver­ant­wor­tung vor dem Hin­ter­grund des Ein­satzes von Zwangsar­beit­ern während der Zeit des Nation­al­sozial­is­mus. Der Kläger habe sowohl gegen die für alle Beschäftigten verbindlichen Ver­hal­tens­grund­sätze als auch gegen die Betrieb­svere­in­barung zum part­ner­schaftlichen Ver­hal­ten am Arbeit­splatz ver­stoßen. Min­destens sei das Arbeitsver­hält­nis im Falle ein­er Unwirk­samkeit der Kündi­gung gegen Zahlung ein­er Abfind­ung aufzulösen. Mitar­beit­er seien auf­grund der Gesin­nung des Klägers nicht mehr bere­it, mit diesem zusam­men­zuar­beit­en. Das Arbeits­gericht hat dem Kündi­gungss­chutzantrag stattgegeben und den Auflö­sungsantrag zurückgewiesen.

Die Beru­fung der Beklagten hat­te keinen Erfolg. Die Kündi­gung ist unwirk­sam. Es han­delt sich um ein außer­di­en­stlich­es Ver­hal­ten, das keine Nebenpflicht­en aus dem Arbeitsver­trag ver­let­zt; die Beklagte ist kein öffentlich­er Arbeit­ge­ber und ver­fol­gt auch keine poli­tis­che Ten­denz. Auch liegen keine hin­re­ichen­den Gründe vor, das Arbeitsver­hält­nis gegen Zahlung ein­er Abfind­ung aufzulösen. Daher kann der Kläger auch seine Weit­erbeschäf­ti­gung ver­lan­gen; sein Begehren blieb lediglich insoweit erfol­g­los, als er seine Beschäf­ti­gung zu ein­er bes­timmten Zeit, an einem bes­timmten Ort und in einem bes­timmten Bere­ich ver­langt hat. Dies zu bes­tim­men, unter­liegt dem Direk­tion­srecht der Arbeitgeberin.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: http://www.landesarbeitsgericht.niedersachsen.d…