BGH, Beschluss vom 23.03.2021, AZ VIII ZR 305/19

Aus­gabe: 2/3–2021

Der unter anderem für das Mietrecht zuständi­ge VIII. Zivilse­n­at des Bun­des­gericht­shofs hat heute in einem Muster­fest­stel­lungsver­fahren entsch­ieden, dass die Ver­mi­eterin auf­grund der im Dezem­ber 2018 für die Zeit ab Dezem­ber 2019 angekündigten Mod­ernisierungs­maß­nah­men in ihrer großen Wohnan­lage eine Mieter­höhung nach den bis Ende 2018 gel­tenden Vorschriften berech­nen kann. Eines engen zeitlichen Zusam­men­hangs zwis­chen der Mod­ernisierungskündi­gung und dem voraus­sichtlichen Beginn der Arbeit­en bedarf es nicht. 

Sachver­halt und Prozessverlauf: 

Der Musterk­läger ist ein Mieter­vere­in. Die Muster­beklagte ist Eigen­tümerin ein­er großen Wohnan­lage mit Miet­woh­nun­gen in München. 

Ende Dezem­ber 2018 kündigte die Muster­beklagte den Mietern Mod­ernisierungs­maß­nah­men an, die im Zeitraum von Dezem­ber 2019 bis Juni 2023 durchge­führt wer­den soll­ten, unter anderem die Anbringung ein­er Wärmedäm­mung, den Aus­tausch der Fen­ster, die Anbringung von Rol­l­lä­den sowie den Anbau von Balko­nen. Der Musterk­läger hält die Ankündi­gung wegen eines fehlen­den engen zeitlichen Zusam­men­hangs zur Durch­führung der geplanten Maß­nah­men für unwirk­sam, zumin­d­est sei eine Mieter­höhung nach Abschluss der Mod­ernisierungs­maß­nah­men nur nach dem seit 1. Jan­u­ar 2019 gel­tenden Recht möglich.

Hin­ter­grund des Ver­fahrens ist die Änderung der geset­zlichen Vorschriften über die Mieter­höhung nach ein­er Mod­ernisierung. Während die bis zum 31. Dezem­ber 2018 gel­tende geset­zliche Regelung die Erhöhung der jährlichen Miete um 11 % der für die Mod­ernisierung aufgewen­de­ten Kosten zuließ, erlaubt das neue Recht lediglich eine Mieter­höhung von höch­stens 8 % und sieht zudem eine Kap­pungs­gren­ze vor. 

Das im Muster­fest­stel­lungsver­fahren erstin­stan­zlich zur Entschei­dung berufene Ober­lan­des­gericht hat fest­gestellt, dass die den Mietern der Muster­beklagten Ende 2018 angekündigte Mieter­höhung nicht nach dem bis zum 31. Dezem­ber 2018 gel­tenden Recht erfol­gen könne. Die Mod­ernisierungsankündi­gung genüge zwar grund­sät­zlich den Erfordernissen des § 555c Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 BGB. Die Muster­beklagte habe die von ihr angekündigten Mod­ernisierungs­maß­nah­men auch tat­säch­lich geplant und mit­tler­weile mit deren Umset­zung begonnen. Die Ankündi­gung etwa ein Jahr vor Baube­ginn führe aber dazu, dass diese nicht ord­nungs­gemäß im Sinne von Art. 229 § 49 Abs. 1 Satz 2 EGBGB sei. Es fehle an dem erforder­lichen engen zeitlichen Zusam­men­hang zwis­chen der Mod­ernisierungsankündi­gung und dem geplanten Ausführungsbeginn. 

Die Entschei­dung des Bundesgerichtshofs: 

Der VIII. Zivilse­n­at hat das Urteil des Ober­lan­des­gerichts aufge­hoben und die Klage abgewiesen. 

Die Muster­fest­stel­lungsklage ist nach § 606 ZPO zuläs­sig, ins­beson­dere ver­fol­gt Musterk­läger mit ihr zuläs­sige Feststellungsziele.
Die Klage ist jedoch unbe­grün­det. Die Mod­ernisierungsankündi­gung vom 27. Dezem­ber 2018 erfüllt die geset­zlichen Voraus­set­zun­gen des § 555c Abs. 1 BGB. Sie ist auch nicht deshalb zu bean­standen, weil sie mehr als elf Monate vor dem voraus­sichtlichen Aus­führungs­be­ginn erfol­gte. Eine Mod­ernisierungsankündi­gung nach § 555c Abs. 1 BGB ist in zeitlich­er Hin­sicht dann zuläs­sig, wenn die Pla­nun­gen so weit fort­geschrit­ten sind, dass die inhaltlichen Anforderun­gen des § 555c Abs. 1 Satz 2 BGB einge­hal­ten wer­den kön­nen. Eines engen zeitlichen Zusam­men­hangs zwis­chen der Mod­ernisierungsankündi­gung und dem voraus­sichtlichen Beginn der Mod­ernisierungs­maß­nah­men im Sinne ein­er Höch­st­frist oder eines fort­geschrit­te­nen Pla­nungs­standes bedarf es hinge­gen nicht. 

Die Beklagte kann nach Abschluss der Mod­ernisierungs­maß­nah­men die Mieten auf Grund­lage des bis zum 31. Dezem­ber 2018 gel­tenden Rechts erhöhen. Die Voraus­set­zun­gen des Art. 229 § 49 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 EGBGB hier­für liegen vor. Diese Vorschrift stellt an eine ord­nungs­gemäße Mod­ernisierungsankündi­gung keine weit­erge­hen­den Anforderun­gen als § 555c Abs. 1 BGB und set­zt das Vor­liegen eines engen zeitlichen Zusam­men­hangs zwis­chen ein­er Mod­ernisierungsankündi­gung und dem Aus­führungs­be­ginn eben­falls nicht voraus. Ein rechtsmiss­bräuch­lich­es Ver­hal­ten fällt der Muster­beklagten auch dann nicht zur Last, wenn der Beweg­grund für die Wahl des Zeit­punk­ts der Mod­ernisierungsankündi­gun­gen — kurz vor dem Jahre­sende 2018 — in der Nutzung der Über­gangsvorschrift und der Sicherung der Anwend­barkeit des bis zum 31. Dezem­ber 2018 gel­tenden, für die Muster­beklagte deut­lich gün­stigeren Rechts gele­gen haben sollte. Der Geset­zge­ber hat mit der Über­gangsregelung eine Abwä­gung der bei­der­seit­i­gen Inter­essen dahinge­hend getrof­fen, dass entschei­dend für die Frage des anwend­baren Rechts der Zugang ein­er ord­nungs­gemäßen Ankündi­gung ist. Ist es dem Ver­mi­eter — wie hier — möglich, noch vor dem 31. Dezem­ber 2018 eine den Anforderun­gen des § 555c Abs. 1 BGB entsprechende Ankündi­gung zu erstellen und den Mietern zuzuleit­en, set­zt er sich grund­sät­zlich nicht dem Vor­wurf treuwidri­gen Ver­hal­tens aus, wenn er sich die mit der Geset­zesän­derung ver­bun­de­nen und zuläs­si­gen Stich­tagsregelung zu Nutze macht.

Weit­ere Infor­ma­tio­nen: http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/recht…