Pressemit­teilung des BFH Nr. 25 vom 28. Mai 2020

Keine Berich­ti­gung des bestand­skräfti­gen Einkom­men­steuerbeschei­ds bei fehlen­der Erfas­sung der vom Steuerpflichti­gen ord­nungs­gemäß erk­lärten Einkünfte

Urteil vom 4.1.2020 VIII R 4/17

Der Steuerpflichtige ver­di­ent 128.641 €, erk­lärt diese Einkün­fte ord­nungs­gemäß seinem Finan­zamt (FA), muss aber im Ergeb­nis keine Einkom­men­steuer zahlen. Denn wie der VIII. Sen­at des Bun­des­fi­nanzhofs (BFH) mit Urteil vom 14.01.2020 (VIII R 4/17) entsch­ieden hat, kann ein bestand­skräftiger Steuerbescheid nicht mehr nachträglich vom FA nach § 129 der Abgabenord­nung (AO) berichtigt wer­den, wenn die fehlende Erfas­sung der vom Steuerpflichti­gen ord­nungs­gemäß erk­lärten Einkün­fte trotz ergan­gener Prüf- und Risiko­hin­weise im Rah­men eines Risiko­man­age­mentsys­tems nicht auf einem bloßen „mech­a­nis­chen Verse­hen“ beruht.

Der Kläger hat­te in sein­er auf dem amtlichen Vor­druck ein­gere­icht­en Einkom­men­steuer­erk­lärung u.a. Einkün­fte aus selb­ständi­ger Arbeit in Höhe von 128.641 € erk­lärt. Beim Ein­scan­nen der Unter­la­gen im Ver­an­la­gungs­bezirk des FA wurde die Anlage S zur Einkom­men­steuer­erk­lärung verse­hentlich überse­hen, so dass eine Erfas­sung der Einkün­fte aus selb­ständi­ger Arbeit des Klägers unterblieb. Nach maschineller Über­prü­fung der einges­can­nten Dat­en durch ein Risiko­man­age­mentsys­tem gin­gen im Ver­an­la­gungs­bezirk mehrere Prüf- und Risiko­hin­weise ein, die u.a. auf Einkün­fte „des Ehemanns/der Ehe­frau von weniger als 4.200 €“ hin­wiesen und eine „per­son­elle Prü­fung“ des als „risikobe­haftet“ eingestuften Falls vorsahen.

Die zuständi­ge Sach­bear­bei­t­erin bear­beit­ete diese Prüf- und Risiko­hin­weise, prüfte jedoch nicht, ob die Einkün­fte aus selb­ständi­ger Arbeit des Klägers zutr­e­f­fend im Einkom­men­steuerbescheid über­nom­men wor­den waren. Erst im Fol­ge­jahr wurde der Fehler erkan­nt und der Einkom­men­steuerbescheid nach § 129 Satz 1 AO berichtigt. Das Finanzgericht ver­trat die Auf­fas­sung, dass das FA zur Berich­ti­gung des Einkom­men­steuerbeschei­ds berechtigt gewe­sen sei. Der BFH fol­gte dem nicht und gab dem Steuerpflichti­gen recht.

§ 129 Satz 1 AO erlaubt nur die Berich­ti­gung von Schreibfehlern, Rechen­fehlern und ähn­lichen offen­baren Unrichtigkeit­en (sog. mech­a­nis­che Verse­hen), die beim Erlass des Ver­wal­tungsak­ts unter­laufen sind. § 129 AO ist dage­gen nicht anwend­bar, wenn dem Sach­bear­beit­er des FA ein Tat­sachen- oder Recht­sir­rtum unter­laufen ist oder er den Sachver­halt man­gel­haft aufgek­lärt hat. Im vor­liegen­den Fall beruhte der fehler­hafte Einkom­men­steuerbescheid darauf, dass die zutr­e­f­fende Höhe der im Bescheid ange­set­zten Einkün­fte nicht aufgek­lärt wurde, obwohl auf­grund der Risiko- und Prüfhin­weise Zweifel an der Richtigkeit dieser Einkün­fte bestanden und deshalb eine weit­ere Sachaufk­lärung geboten war. Das schließt das Vor­liegen eines bloß mech­a­nis­chen Verse­hens und damit die Anwen­dung der Berich­ti­gungsnorm des § 129 AO aus.

siehe auch: Urteil des VIII. Sen­ats vom 14.1.2020 — VIII R 4/17 -

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