(Kiel) Der 17. Zivilse­n­at des Schleswig-Hol­steinis­ches Ober­lan­des­gerichts hat seine Recht­sprechung aus dem Jahr 2021 bestätigt, nach welch­er die Sch­u­fa die Dat­en eines Insol­ven­zschuld­ners nicht länger ver­ar­beit­en darf als sie im „Insol­venzbekan­nt­machungsportal“ veröf­fentlicht wer­den dürfen

Darauf ver­weist der Mannheimer Recht­san­walt und Fachan­walt für Insol­ven­zrecht Rain­er – Man­fred Althaus von der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hin­weis auf das Urteil des Schleswig-Hol­steinis­chen Ober­lan­des­gericht (OLG) vom 3. Juni 2022, Az. 17 U 5/22, Revi­sion ist zugelassen.

Der 17. Zivilse­n­at hielt daran fest, dass dem Insol­ven­zschuld­ner regelmäßig ein Löschungsanspruch gegen die Sch­u­fa Hold­ing AG zuste­ht, wenn diese Dat­en aus dem Insol­venzbekan­nt­machungsportal ohne geset­zliche Grund­lage länger spe­ichert und ver­ar­beit­et als in der Verord­nung zu öffentlichen Bekan­nt­machun­gen in Insol­ven­zver­fahren im Inter­net (InsoBek­VO) vorge­se­hen. Auch bei der Berech­nung eines Score-Wertes darf die Sch­u­fa die Dat­en zum Insol­ven­zver­fahren danach nicht mehr berücksichtigen.

  • Zum Sachver­halt:

Über das Ver­mö­gen des Klägers wurde das Insol­ven­zver­fahren eröffnet und am 25. März 2020 wurde das Ver­fahren durch Beschluss des Amts­gerichts aufge­hoben. Diese Infor­ma­tion wurde im amtlichen Inter­net­por­tal veröf­fentlicht. Die Sch­u­fa pflegte diese Dat­en von dort in ihren Datenbe­stand ein, um diese ihren Ver­tragspart­nern bei laufend­en Ver­trags­beziehun­gen und Auskun­ft­san­fra­gen zum Kläger mitzuteilen. Der Kläger begehrte Ende 2020 die Löschung der Dat­en von der Sch­u­fa, da die Ver­ar­beitung zu erhe­blichen wirtschaftlichen und finanziellen Nachteilen bei ihm führe. Eine uneingeschränk­te Teil­habe am Wirtschaft­sleben sei ihm nicht möglich. Er könne u.a. nur noch gegen Vorkasse bestellen und keine neue Woh­nung anmieten

Die Sch­u­fa wies die Ansprüche des Klägers zurück und ver­wies darauf, dass sie die Dat­en entsprechend der Ver­hal­tensregeln des Ver­ban­des “Die Wirtschaft­sauskun­fteien e.V.” erst drei Jahre nach Spe­icherung lösche. Die Dat­en seien bonität­srel­e­vante Infor­ma­tio­nen und daher für die Sch­u­fa und ihre Ver­tragspart­ner von berechtigtem Inter­esse. Das Landgericht Kiel hat die Klage abgewiesen. Die hierge­gen gerichtete Beru­fung des Klägers vor dem 17. Zivilse­n­at des Ober­lan­des­gerichts hat­te Erfolg.

  • Aus den Gründen: 

Der Kläger kann von der Sch­u­fa die Unter­las­sung der Ver­ar­beitung der Infor­ma­tio­nen zu seinem Insol­ven­zver­fahren sechs Monate nach Aufhe­bung des Insol­ven­zver­fahrens ver­lan­gen. Nach Ablauf dieser Frist über­wiegen die Inter­essen und Grun­drechte des Klägers gegenüber den berechtigten Inter­essen der Sch­u­fa und ihrer Ver­tragspart­ner an ein­er Ver­ar­beitung, so dass sich die Ver­ar­beitung nicht mehr als recht­mäßig im Sinne von Art. 6 Abs. 1 lit. f) Daten­schutz-Grund­verord­nung darstellt

Es ist eine konkrete Abwä­gung zwis­chen den Inter­essen der Sch­u­fa und ihrer Ver­tragspart­ner an der Ver­ar­beitung der Dat­en und den durch die Ver­ar­beitung berührten Grun­drecht­en und Inter­essen des Klägers anzustellen. Der Kläger hat ein Inter­esse daran, möglichst unge­hin­dert am wirtschaftlichen Leben teil­nehmen zu kön­nen, nach­dem die Infor­ma­tio­nen über sein Insol­ven­zver­fahren aus dem Insol­venzbekan­nt­machungsportal gelöscht wor­den sind. Dieses Inter­esse geht dem eige­nen wirtschaftlichen Inter­esse der Sch­u­fa als Anbi­eterin von bonität­srel­e­van­ten Infor­ma­tio­nen vor. Auch gegenüber typ­isierend zu betra­ch­t­en­den Inter­essen der Ver­tragspart­ner sind die Inter­essen des Klägers vor­rangig, da keine beson­deren Umstände in der Per­son des Klägers oder seines Insol­ven­zver­fahrens erkennbar sind, die eine Vor­rats­daten­spe­icherung bei der Sch­u­fa über den Zeitraum der Veröf­fentlichung im Insol­venzbekan­nt­machungsportal hin­aus recht­fer­ti­gen könnten.

Die Sch­u­fa kann sich nicht auf die in den Ver­hal­tensregeln des Ver­ban­des der Wirtschaft­sauskun­fteien genan­nte Spe­icher­frist von drei Jahren berufen. Diese Ver­hal­tensregeln ent­fal­ten keine Rechtswirkung zulas­ten des Klägers. Sie ver­mö­gen auch keine Abwä­gung der Inter­essen vorzuze­ich­nen oder zu ersetzen

Recht­san­walt Althaus emp­fahl dies zu beacht­en und in allen Zweifels­fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

 

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