Lan­desar­beits­gericht Düs­sel­dorf, Beschluss vom 10.10.2022, AZ 3 Ta 278/22

Aus­gabe: 12–2022

1. Kom­men für den Stre­it­ge­gen­stand ein­er Klage mehrere Anspruchs­grund­la­gen in Betra­cht, die unter­schiedlichen Rechtswe­gen zuge­ord­net sind, ist das angerufene Gericht nach § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG zur Entschei­dung unter allen in Betra­cht kom­menden rechtlichen Gesicht­spunk­ten berufen, wenn es zumin­d­est für eine der bei objek­tiv­er Würdi­gung in Betra­cht kom­menden und nicht offen­sichtlich aus­geschlosse­nen Anspruchs­grund­la­gen zuständig ist. 

2. Dementsprechend wird bei der Zahlungsklage ein­er Arbeit­nehmerin gegen ihren Arbeit­ge­ber für den Zeitraum ein­er coro­n­abe­d­ingten Abson­derung nach § 30 Abs. 1 IFSG die Zuständigkeit der Arbeits­gerichte dann anzunehmen sein, wenn neben dem infek­tion­ss­chutzrechtlichen Entschädi­gungsanspruch aus § 56 Abs. 1 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 IFSG auch arbeit­srechtliche Anspruchs­grund­la­gen nicht offen­sichtlich aus­geschlossen sind. Das bet­rifft vor allem die Anspruchs­grund­lage aus § 616 BGB. Da umstrit­ten ist, ob selb­st bei 14-tägiger oder noch länger andauern­der Quar­an­täne noch ein ver­hält­nis­mäßig nicht erhe­blich­er Ver­hin­derungszeitraum angenom­men wer­den kann und die Rechts­frage höch­strichter­lich ungek­lärt ist, schei­det die Anspruchs­grund­lage jeden­falls nicht offen­sichtlich aus. 

3. Die Regelung des § 616 BGB ist jedoch dis­pos­i­tiv und kann daher arbeitsver­traglich wirk­sam abbedun­gen oder mod­i­fiziert werden. 

4. Ist § 616 BGB wirk­sam abbedun­gen wor­den und auch son­st offen­sichtlich keine arbeit­srechtliche Anspruchs­grund­lage ein­schlägig, ist für die Zahlungsklage ein­er Arbeit­nehmerin, mit der sie von ihrem Arbeit­ge­ber eine Entschädi­gung nach § 56 Abs. 1 Satz 2 IFSG für die Zeit der coro­n­abe­d­ingten Abson­derung nach § 30 Abs. 1 IFSG ein­fordert, auf­grund der spezialge­set­zlichen Son­derzuweisung des § 68 Abs. 1 IFSG die Zuständigkeit der Ver­wal­tungs­gerichte gegeben. 

5. Dass eine Entschädi­gungsklage nach § 56 IFSG ent­ge­gen der Regelung des § 66 Abs. 1 IFSG nicht gegen das zur Zahlung verpflichtete Land, son­dern gegen den insoweit nach § 56 Abs. 5 Satz 1 IFSG lediglich als Zahlstelle des Lan­des fungieren­den Arbeit­ge­ber gerichtet wird, hin­dert die Rechtswegzuweisung nach § 68 Abs. 1 IFSG zur Ver­wal­tungs­gerichts­barkeit nicht, son­dern bet­rifft allein die Frage der (Un-)Begründetheit der Klage.

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