(Kiel) Der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) hat soeben über sog. Cum-Ex-Aktiengeschäfte entsch­ieden. Mit seinem Urteil erteilt er einem „Geschäft­skonzept“ eine Absage, das Unsicher­heit­en bei der ein­deuti­gen wirtschaftlichen Zuord­nung von Aktien in der Weise „nutzen“ wollte, dass eine ein­mal ein­be­hal­tene Abzug­s­teuer vom Fiskus möglicher­weise zweifach oder sog­ar mehrfach angerech­net oder aus­gezahlt wird.

Darauf ver­weist der Nürn­berg­er Fachan­walt für Erb- und Steuer­recht sowie Han­dels- und Gesellschaft­srecht Dr. Nor­bert Giesel­er, Vizepräsi­dent der Vizepräsi­dent der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel unter Hin­weis auf das Urteil des BFH vom 15.03.2022 zu seinem Urteil vom 02.02.2022 — I R 22/20.

Nach dem Urteil des BFH hat ein US-amerikanis­ch­er Pen­sions­fonds einen Anspruch auf Erstat­tung von Abzug­s­teuer (Kapitalertragsteuer/Solidaritätszuschlag) gemäß § 50d Abs. 1 Satz 2 des Einkom­men­steuerge­set­zes (EStG) nur dann, wenn er nach Maß­gabe nationalen Steuer­rechts Gläu­biger der Kap­i­talerträge ist und die Abzug­s­teuer „ein­be­hal­ten und abge­führt“ wor­den ist.

Gläu­biger der Kap­i­talerträge ist dabei die Per­son, die die Einkün­fte aus Kap­i­talver­mö­gen erzielt (§ 20 Abs. 5 EStG); dies ist die Per­son, der die Anteile an dem Kap­i­talver­mö­gen im Zeit­punkt des Gewin­nverteilungs­beschlusses (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG) oder des Zuflusses der Div­i­den­denkom­pen­sa­tion­szahlung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 4 EStG) nach § 39 Abs. 1 der Abgabenord­nung (AO) zivil­rechtlich oder – wenn ein ander­er als der Eigen­tümer die tat­säch­liche Herrschaft über die Anteile hat – nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 AO wirtschaftlich zuzurech­nen sind. Wirtschaftlich­es Eigen­tum über die Anteile wird bei sog. Cum-Ex-Geschäften mit Aktien allerd­ings nicht erwor­ben, wenn der Erwerb der Aktien Teil eines mod­ell­haft aufgelegten Gesamtver­tragskonzepts ist, nach welchem der Erwer­ber die wesentlichen mit einem Aktiener­werb ver­bun­de­nen Rechte wed­er ausüben kann noch nach der gestal­ter­ischen Konzep­tion soll, er vielmehr nur die Funk­tion hat, seine (auf­grund Abkom­men­srechts gestal­tungser­möglichende) Rechts­form in den Geschäftsablauf einzubrin­gen und angesichts der umfassenden Kon­trolle jedes Geschäfts­de­tails durch Dritte lediglich als “pas­siv­er Teil­nehmer” (“Transak­tionsve­hikel”) im Geschäftsablauf anzuse­hen ist. Ob sich die maßgeben­den Transak­tio­nen “außer­börslich” (Erwerb von sog. Sin­gle Stock Futures mit nach­fol­gen­der Abwick­lung über die Eurex Clear­ing AG) oder “börslich” (im Rah­men sog. Schlus­sauk­tio­nen) abge­spielt haben, ist ohne Bedeutung.

Der im Stre­it­fall kla­gende und nach dem zwis­chen­staatlichen Abkom­men­srecht von ein­er inländis­chen Abzug­s­teuer befre­ite Pen­sions­fonds begehrte die Steuer­erstat­tung, da er kurz vor dem jew­eili­gen Div­i­den­den­stich­tag Aktien deutsch­er Aktienge­sellschaften als sog. Futures „cum (mit) Div­i­dende“ erwor­ben hat­te, die ihm nach den üblichen Börsenu­san­cen zeitverzögert erst nach dem Stich­tag „ex (ohne) Div­i­dende“ zivil­rechtlich übereignet wur­den (Gutschrift auf seinem inländis­chen Wert­pa­pierde­pot); zugle­ich erhielt er eine sog. Div­i­den­denkom­pen­sa­tion­szahlung (in einem „Net­to­be­trag“ [rech­ner­isch der Div­i­den­de­nanspruch nach Abzug der bei ein­er Auss­chüt­tung anfal­l­en­den Abzug­s­teuer]). Der im zeitlichen Zusam­men­hang mit den Geschäften errichtete und finanziell ger­ing  aus­ges­tat­tete Pen­sions­fonds (eine Rechtsper­son mit einem Begün­stigten) war dabei Teil eines mit mehreren Parteien eng aufeinan­der abges­timmten Kaufs- und kurzfristi­gen Verkauf­s­geschehens mit Aktien im finanziellen Umfang von mehreren Mil­liar­den Euro, wobei das Risiko der Real­isierung der Erstat­tungs­forderung wiederum vollen Umfangs auf einen von ein­er Bank aufgelegten lux­em­bur­gis­chen Anleger­fonds gegen das Ver­sprechen ein­er Kurzfrist-Ren­dite von über 15 % über­tra­gen wor­den war. Der Kläger machte gel­tend, der Erstat­tungsanspruch beziehe sich auf den Abzug­s­teuere­in­be­halt bei der Auss­chüt­tung (ein das zivil­rechtliche Eigen­tum des Anteilsin­hab­ers ver­drän­gen­des wirtschaftlich­es Eigen­tum vor dem Div­i­den­den­stich­tag sei durch das Erwerb­s­geschäft begrün­det wor­den) bzw. folge unmit­tel­bar aus dem Bezug ein­er „Net­to­div­i­dende“.

Das Finanzgericht wies die Klage ab; ob es sich beim Aktien-Erwerb um eine „Leerverkauf­s­si­t­u­a­tion“ han­delte (Erwerb­s­geschäft mit einem „Noch-Nicht-Inhab­er“ als Verkäufer) oder ein Erwerb vom Aktien­in­hab­er vor­lag, kon­nte nach der entschei­dungstra­gen­den Begrün­dung des Urteils unaufgek­lärt bleiben.

Der BFH hat die Revi­sion des Klägers zurück­gewiesen. Die Stel­lung als wirtschaftlich­er Eigen­tümer ein­er Aktie könne nur ein­nehmen, wer den Aktien­in­hab­er zugle­ich von den wesentlichen Recht­en (Div­i­den­den­bezug, Stimm­recht) auss­chließe („Alter­na­tiv­ität“). Diese Posi­tion gegenüber dem Aktien­in­hab­er könne allein durch eine rechtlich gesicherte Erwerb­saus­sicht und einen (wirtschaftlichen) Div­i­den­den­bezug nicht ver­mit­telt wer­den (auch wenn frühere BFH-Recht­sprechung in diesem Sinne ver­standen wurde), eben­falls nicht durch Teil­nahme an ein­er „Gesamtver­tragskonzep­tion“, die ger­adezu auss­chließe, dass diese Per­son die wesentlichen Rechte der Aktien­in­hab­er­schaft ein­nehmen und das finanzielle Risiko der Transak­tio­nen tra­gen solle.

Das Urteil des BFH berück­sichtigt spätere geset­zliche Änderun­gen nicht, da diese im Stre­it­jahr noch nicht gal­ten. Der Bun­des­gericht­shof hat für ähn­lich gelagerte Struk­turen (dort auf der Grund­lage ein­er Fest­stel­lung, dass eine sog. Leerverkauf­s­si­t­u­a­tion vor­lag) auf eine straf­bare Steuer­hin­terziehung erkannt.

Recht­san­walt Dr. Giesel­er emp­fahl, dies zu beacht­en und in allen Zweifels­fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

 

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