(Kiel) Ein punk­tuell satzungs­durch­brechen­der Beschluss über eine inkon­gru­ente Vor­abauss­chüt­tung, der von der Gesellschafter­ver­samm­lung ein­stim­mig gefasst wor­den ist und von keinem Gesellschafter ange­focht­en wer­den kann, ist als zivil­rechtlich wirk­samer Auss­chüt­tungs­beschluss ent­ge­gen der Sichtweise der Finanzver­wal­tung (Schreiben des Bun­dem­i­nis­ters der Finanzen vom 17.12.2013, BSt­Bl I 2014, 63) der Besteuerung zugrunde zu legen. 

Ein Gesellschafter, an den nach einem solchen Beschluss kein Gewinn verteilt wird, ver­wirk­licht nicht den Tatbe­stand der Einkün­f­teerzielung gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG.

Dies, so der Kiel­er Steuer­ber­ater Jörg Pas­sau, Vizepräsi­dent und geschäfts­führen­des Vor­standsmit­glied der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. in Kiel unter Hin­weis auf die entsprechende Pressemit­teilung des BFH vom 15.12.2022, hat der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) mit Urteil vom 28.09.2022 – VIII R 20/20 entschieden.

Der Kläger war in den Stre­it­jahren 2012 bis 2015 zu 50% an ein­er GmbH 1 beteiligt. Weit­er­er 50%-Gesellschafter war eine GmbH 2, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger war. Die Gesellschafter der GmbH 1 fassten in den Stre­it­jahren jew­eils ein­stim­mig Vor­abauss­chüt­tungs­beschlüsse, mit denen die Vor­abgewinne nur an die GmbH 2 verteilt wur­den. Der Gesellschaftsver­trag der GmbH 1 enthielt keine Regelun­gen zur Gewin­nverteilung. Diese waren daher entsprechend der Beteili­gungsver­hält­nisse zu verteilen (§ 29 Abs. 3 Satz 1 Gmb­HG). Das Finan­zamt sah die Aus-schüt­tungs­beschlüsse wegen der inkon­gru­enten Verteilung der Vor­abgewinne als zivil­rechtlich nichtig an und unter­warf die hälfti­gen Auss­chüt­tungs­be­träge beim Kläger als Einkün­fte aus verdeck­ten Gewin­nauss­chüt­tun­gen gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG der Besteuerung.

Der BFH wies die Revi­sion des Finan­zamts gegen das zugun­sten der Kläger ergan­gene Urteil des Finanzgerichts als unbe­grün­det zurück.

Die ein­stim­mig gefassten Auss­chüt­tungs­beschlüsse seien als zivil­rechtlich wirk­same Gewin­nver­wen­dungs- und ‑verteilungs­beschlüsse der Besteuerung zugrunde zu leg­en. Es lägen daher nur offene Gewin­nauss­chüt­tun­gen der GmbH 1 an die GmbH 2 und keine Auss­chüt­tun­gen an den Kläger vor. Eine Zurech­nung der hälfti­gen Auss­chüt­tungs­be­träge beim Kläger auf­grund eines Gestal­tungsmiss­brauchs gemäß § 42 AO komme nicht in Betra­cht. Zivil­rechtlich wirk­sam beschlossene inkon­gru­ente Auss­chüt­tun­gen seien steuer­lich anzuerken­nen. Dem Kläger sei auf­grund der Auss­chüt­tun­gen der GmbH 1 nur an die GmbH 2 auch kein geset­zlich nicht vorge­se­hen­er steuer­lich­er Vorteil i.S. des § 42 Abs. 2 Satz 1 AO entstanden.

Pas­sau emp­fahl, dies zu beacht­en und bei Fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

 

Für Rück­fra­gen ste­ht Ihnen zur Verfügung:

Jörg Pas­sau

Steuer­ber­ater

DASV Vizepräsi­dent und geschäfts­führen­des Vorstandsmitglied

Pas­sau, Niemey­er & Collegen

Walk­er­damm 1

24103 Kiel

Tel:  0431 – 974 3010

Fax: 0431 – 974 3055

Email: info@mittelstands-anwaelte.de

www.mittelstands-anwaelte.de