Pressemit­teilung des BFH Nr. 61 vom 21. Novem­ber 2018

Gesellschafterein­lage zur Ver­mei­dung ein­er Bürgschaftsi­nanspruch­nahme als nachträgliche Anschaf­fungskosten auf die GmbH-Beteiligung

Urteil vom 20.7.2018 IX R 5/15

Leis­tet ein Gesellschafter, der sich für Verbindlichkeit­en der Gesellschaft ver­bürgt hat, eine Ein­zahlung in die Kap­i­tal­rück­lage der Gesellschaft, um seine Inanspruch­nahme als Bürge zu ver­mei­den, führt dies zu nachträglichen Anschaf­fungskosten auf seine Beteili­gung, wie der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) in seinem Urteil vom 20. Juli 2018 IX R 5/15 entsch­ieden hat.

Im Stre­it­fall hat­te ein GmbH-Gesellschafter eine Bürgschaft für Bankverbindlichkeit­en der Gesellschaft über­nom­men. Mit Blick auf die dro­hende Inanspruch­nahme aus der Bürgschaft, die bevorste­hende Voll­streck­ung in ein als Sicher­heit dienen­des pri­vates Grund­stück sowie die dro­hende Liq­ui­da­tion der Gesellschaft leis­tete er — eben­so wie weit­ere Fam­i­lienge­sellschafter — eine Zuführung in die Kap­i­tal­rück­lage der GmbH. Ein Teil der Ein­zahlung stammte aus der mit der Gläu­biger­bank abges­timmten Veräußerung des besicherten Grund­stücks. Die GmbH ver­wen­dete das Geld plan­mäßig dazu, ihre Bankverbindlichkeit­en zu tilgen. Durch Erfül­lung der Hauptschuld wur­den auch die Bür­gen von der Haf­tung frei. Der Kläger und seine Mit­ge­sellschafter veräußerten im Anschluss daran ihre Geschäft­san­teile für 0 €. In sein­er Einkom­men­steuer­erk­lärung für das Stre­it­jahr 2010 machte der Gesellschafter einen Ver­lust aus der Veräußerung seines GmbH-Anteils i.S. des § 17 des Einkom­men­steuerge­set­zes (EStG) gel­tend, der sich aus der über­nomme­nen GmbH-Stam­mein­lage und der Kap­i­talzuführung ergab. Das Finan­zamt berück­sichtigte demge­genüber lediglich den Ver­lust der eingezahlten Stammeinlage.

Der BFH gab dem Gesellschafter recht und führte damit seine vor dem Hin­ter­grund der Aufhe­bung des Eigenkap­i­taler­satzrechts durch das Gesetz zur Mod­ernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämp­fung von Miss­bräuchen vom 23. Okto­ber 2008 geän­derte Recht­sprechung zur Anerken­nung nachträglich­er Anschaf­fungskosten im Rah­men des § 17 EStG (Urteil vom 11. Juli 2017 IX R 36/15, BFHE 258, 427; Pressemit­teilung Nr. 60/17 vom 27. Sep­tem­ber 2017) fort. Nachträgliche Anschaf­fungskosten auf die Beteili­gung sind nach dieser Recht­sprechung nur solche Aufwen­dun­gen des Gesellschafters, die nach han­dels- und bilanzs­teuer­rechtlichen Grund­sätzen (vgl. § 255 des Han­dels­ge­set­zbuchs –HGB–) zu ein­er offe­nen oder verdeck­ten Ein­lage in das Kap­i­tal der Gesellschaft führen. Hierzu zählen u.a. auch frei­willige und ohne Gewährung von Vorzü­gen seit­ens der Kap­i­talge­sellschaft erbrachte Ein­zahlun­gen in die Kap­i­tal­rück­lage nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB, wie sie der kla­gende Gesellschafter in Stre­it­fall geleis­tet hat­te. Der von ihm insoweit getra­gene Aufwand war daher bei der Berech­nung seines Ver­lusts aus der Veräußerung der GmbH-Anteile als nachträgliche Anschaf­fungskosten zu berücksichtigen.

Der steuer­rechtlichen Anerken­nung stand auch nicht ent­ge­gen, dass die der Kap­i­tal­rück­lage zuge­führten Mit­tel von der GmbH ger­ade dazu ver­wen­det wur­den, jene betrieblichen Verbindlichkeit­en abzulösen, für die der Gesellschafter gegenüber der Gläu­biger­bank Sicher­heit­en gewährt hat­te. Uner­he­blich war auch, mit welchem Wert ein Rück­grif­fanspruch des Gesellschafters gegen die GmbH zu bew­erten gewe­sen wäre (oder ob er mit einem solchen Anspruch aus­ge­fall­en wäre), wenn die Gläu­biger­bank in die von ihm gegebe­nen Sicher­heit­en voll­streckt oder ihn im Rah­men sein­er Bürgschaftsverpflich­tung in Anspruch genom­men hätte. Schließlich ver­mochte der BFH in der vom Gesellschafter gewählten Vorge­hensweise auch keinen Miss­brauch von Gestal­tungsmöglichkeit­en des Rechts i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 1 der Abgabenord­nung zu erken­nen, da die Ausstat­tung ein­er Gesellschaft mit Eigenkap­i­tal nicht den Wer­tun­gen des Gesellschaft­srechts widerspricht. 

siehe auch: Urteil des IX. Sen­ats vom 11.7.2017 — IX R 36/15 -, Urteil des IX. Sen­ats vom 20.7.2018 — IX R 5/15 -, Pressemit­teilung Nr. 60/17 vom 27.9.2017, Beschluss des IX. Sen­ats vom 11.10.2017 — IX R 5/15 -, Beschluss des IX. Sen­ats vom 11.1.2017 — IX R 36/15 -

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