Der Anspruch eines Arbeit­nehmers auf bezahlten Jahresurlaub erlis­cht in der Regel nur dann am Ende des Kalen­der­jahres, wenn der Arbeit­ge­ber ihn zuvor über seinen konkreten Urlaub­sanspruch und die Ver­fall­fris­ten belehrt und der Arbeit­nehmer den Urlaub den­noch aus freien Stück­en nicht genom­men hat.

Der Beklagte beschäftigte den Kläger vom 1. August 2001 bis zum 31. Dezem­ber 2013 als Wis­senschaftler. Nach der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es ver­langte der Kläger ohne Erfolg, den von ihm nicht genomme­nen Urlaub im Umfang von 51 Arbeit­sta­gen aus den Jahren 2012 und 2013 mit einem Brut­to­be­trag iHv. 11.979,26 Euro abzugel­ten. Einen Antrag auf Gewährung dieses Urlaubs hat­te er während des Arbeitsver­hält­niss­es nicht gestellt.

Die Vorin­stanzen haben der Klage stattgegeben. Das Lan­desar­beits­gericht hat angenom­men, der Urlaub­sanspruch des Klägers sei zwar zum Jahre­sende ver­fall­en. Der Kläger habe aber Schadenser­satz in Form von Ersatzurlaub ver­lan­gen kön­nen, weil der Beklagte sein­er Verpflich­tung, ihm von sich aus rechtzeit­ig Urlaub zu gewähren, nicht nachgekom­men sei. Mit der Beendi­gung des Arbeitsver­hält­niss­es sei der Ersatzurlaub­sanspruch abzugelten.

Die Revi­sion des Beklagten hat­te vor dem Neun­ten Sen­at des Bun­de­sar­beits­gerichts Erfolg. Sie führt zur Zurück­ver­weisung der Sache an das Landesarbeitsgericht.

§ 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG sieht vor, dass Urlaub, der bis zum Jahre­sende nicht gewährt und genom­men wird, ver­fällt. Das galt nach bish­eriger Recht­sprechung selb­st für den Fall, dass der Arbeit­nehmer den Arbeit­ge­ber rechtzeit­ig, aber erfol­g­los aufge­fordert hat­te, ihm Urlaub zu gewähren. Allerd­ings kon­nte der Arbeit­nehmer unter bes­timmten Voraus­set­zun­gen Schadenser­satz ver­lan­gen, der während des Arbeitsver­hält­niss­es auf Gewährung von Ersatzurlaub und nach dessen Beendi­gung auf Abgel­tung der nicht genomme­nen Urlaub­stage gerichtet war.

Diese Recht­sprechung hat der Sen­at weit­er­en­twick­elt und damit die Vor­gaben des Gericht­shofs der Europäis­chen Union auf­grund der Vor­abentschei­dung vom 6. Novem­ber 2018 (- C‑684/16 — [Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wis­senschaften]) umge­set­zt. Nach Maß­gabe des § 7 Abs. 1 Satz 1 BUrlG ist es dem Arbeit­ge­ber vor­be­hal­ten, die zeitliche Lage des Urlaubs unter Berück­sich­ti­gung der Urlaub­swün­sche des Arbeit­nehmers festzule­gen. Ent­ge­gen der Annahme des Lan­desar­beits­gerichts zwingt die Vorschrift den Arbeit­ge­ber damit zwar nicht, dem Arbeit­nehmer von sich aus Urlaub zu gewähren. Allerd­ings obliegt ihm unter Beach­tung von Art. 7 Abs. 1 der Richtlin­ie 2003/88/EG (Arbeitzeitrichtlin­ie) die Ini­tia­tivlast für die Ver­wirk­lichung des Urlaub­sanspruchs. Nach der Recht­sprechung des Gericht­shofs ist der Arbeit­ge­ber gehal­ten, „konkret und in völ­liger Trans­parenz dafür zu sor­gen, dass der Arbeit­nehmer tat­säch­lich in der Lage ist, seinen bezahlten Jahresurlaub zu nehmen, indem er ihn — erforder­lichen­falls förm­lich — auf­fordert, dies zu tun“. Der Arbeit­ge­ber hat klar und rechtzeit­ig mitzuteilen, dass der Urlaub am Ende des Bezugszeitraums oder eines Über­tra­gungszeitraums ver­fall­en wird, wenn der Arbeit­nehmer ihn nicht nimmt.

Bei ein­er richtlin­ienkon­for­men Ausle­gung des § 7 BUrlG kann der Ver­fall von Urlaub daher in der Regel nur ein­treten, wenn der Arbeit­ge­ber den Arbeit­nehmer zuvor konkret aufge­fordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeit­ig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderen­falls mit Ablauf des Urlaub­s­jahres oder Über­tra­gungszeitraums erlis­cht. Das Lan­desar­beits­gericht wird nach der Zurück­ver­weisung der Sache aufzuk­lären haben, ob der Beklagte seinen Obliegen­heit­en nachgekom­men ist.

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