(Kiel) Zum 01.01.2022 wird das Aus­landss­teuerge­setz geän­dert, indem die Europäis­che Anti-Steuerungs­min­derungsrichtlin­ie umge­set­zt wurde. Danach wird die Wegzugs­besteuerung (§ 6 AStG) ab 2022 neu gefasst.

Darauf ver­weist der Nürn­berg­er Fachan­walt für Erb- und Steuer­recht sowie Han­dels- und Gesellschaft­srecht Dr. Nor­bert Giesel­er, Vizepräsi­dent der Vizepräsi­dent der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. mit Sitz in Kiel.

Aus­gangssi­t­u­a­tion ist, dass Per­so­n­en, die in Deutsch­land leben und ins Aus­land verziehen, ihre Beteili­gung an Kap­i­talge­sellschaften der Einkom­men­steuer unterziehen müssen. Das Gesetz sichert Deutsch­land damit das Recht zu, dass die Werte dieser Beteili­gung bis zum Wegzug ins Aus­land zu ver­s­teuern sind. Hin­ter­grund ist, dass die meis­ten Dop­pelbesteuerungsabkom­men das Besteuerungsrecht am Gewinn aus Veräußerung von pri­vat gehal­te­nen Anteilen an ein­er Kap­i­talge­sellschaft dem Wohn­sitzs­taat zuweisen. In diesem Fall würde Deutsch­land also sein Besteuerungsrecht im Falle des Wegzuges verlieren.

Die bish­erige Sit­u­a­tion sah wie fol­gt aus:

Jed­er Steuerpflichtige, der min­destens 10 Jahre unbeschränkt in Deutsch­land steuerpflichtig gewe­sen war, unter­lag der Wegzugsbesteuerung.

Neu ist nun­mehr, so Dr. Giesel­er, dass der Zeitraum von 10 Jahren auf 7 Jahre verkürzt wurde. Nach Deutsch­land zuge­zo­gene Steuerpflichtige fall­en nun­mehr bere­its 3 Jahre früher, also nach Ablauf von 7 Jahren, unter die Wegzugs­besteuerung. Hier­bei wird auf die let­zten 12 Jahre abgestellt. Wer inner­halb dieser Frist 7 Jahre in Deutsch­land steuerpflichtig war, unter­liegt der Wegzugsbesteuerung.

Nach bish­eriger Recht­slage ist die geschuldete Steuer bei einem Wegzug in ein anderes Mit­glied­s­land der EU oder der EWR zeitlich unbe­gren­zt, unverzinslich und ohne Sicher­heit zu stun­den, solange der Steuerpflichtige Staat­sange­höriger eines EU oder EWR Staates ist und weit­er seine Anteile hält.

Nach der neuen Recht­slage ist die dauer­hafte Stun­dung abgeschafft. Die bis jet­zt gel­tende Dif­feren­zierung zwis­chen einem Wegzug inner­halb der EU/EWR und einem Drit­t­land wird aufgegeben. Die Steuer wird kün­ftig in allen Fällen grund­sät­zlich sofort erhoben. Lediglich auf Antrag beste­ht die Möglichkeit, diese Steuer 7 Jahre lang in gle­ich hohen Jahres­rat­en zu bezahlen, wenn der Steuerpflichtige hier­für eine Sicher­heit an das Finan­zamt geleis­tet hat. Die Raten­zahlung ist in diesem Falle zinsfrei.

Ab dem 01.01.2022 gibt es also keine Dauer­stun­dung mehr, die bis jet­zt bei einem Wegzug inner­halb der EU/EWR möglich gewe­sen ist. Dage­gen gibt es erst­ma­lig die Möglichkeit, bei einem Wegzug in einem Drit­t­land die Zahlung auf 7 gle­iche zinslose Jahres­rat­en zu streck­en, wenn entsprechende Sicher­heit geleis­tet wird.

Änderun­gen gab es weit­er­hin bei der Rückkehrregelung.

Nach der bish­eri­gen Recht­slage ist die Steuerpflicht rück­wirk­end ent­fall­en, wenn der Steuerpflichtige nur vorüberge­hend ins Aus­land ver­zo­gen ist und inner­halb von 5 Jahren nach Wegzug erneut unbeschränkt steuerpflichtig in Deutsch­land wird. Diese Frist kon­nte man auf ins­ge­samt 10 Jahre ver­längern, wenn der Steuerpflichtige glaub­haft macht, dass seine Abwe­sen­heit beru­fliche Gründe hat und seine Rück­kehrab­sicht nach wie vor beste­ht. Bei einem Wegzug inner­halb der EU/EWR bestand die Rück­kehrmöglichkeit sog­ar nach bish­erigem Recht zeitlich unbeschränkt.

Diese Recht­slage hat sich geän­dert. Die Rück­kehrmöglichkeit inner­halb von 5 Jahren wird auf 7 Jahre ver­längert. Das heißt, wenn ein Steuerpflichtiger inner­halb von 7 Jahren zurück­kehrt und in Deutsch­land unbeschränkt steuerpflichtig wird, ent­fällt rück­wirk­end die Steuerpflicht. Diese Frist kann man um weit­ere 5 Jahre auf 12 Jahre ver­längern. Hier­bei ist auss­chließlich die Absicht zurück­zukehren erforder­lich. Beru­flichen Grün­den bedarf es nicht mehr. Mit Antrag des Rück­kehrers ent­fällt dann auch die jew­eilige Jahres­rate. Die bis jet­zt gel­tende unbe­fris­tete Rück­kehrmöglichkeit inner­halb der EU/EWR ent­fällt dagegen.

Inwieweit kün­ftig eine Glaub­haft­machung der Rück­kehrab­sicht erforder­lich ist, wird sich zeigen. Voraus­sichtlich wird die Finanzver­wal­tung bere­its beim Wegzug die Glaub­haft­machung ein­er Rück­kehrab­sicht ver­lan­gen, so dass drin­gend zu empfehlen ist, diese Rück­kehrab­sicht von Anfang an zu doku­men­tieren, wenn man von dieser Regelung prof­i­tieren möchte.

Zur Ver­mei­dung der Steuerpflicht wird es also kün­ftig nur den Weg geben, eine Rück­kehrab­sicht zu doku­men­tieren und diese der Finanzver­wal­tung gegenüber glaub­haft zu machen bei gle­ichzeit­iger Stel­lung eines Stun­dungsantrages. Wenn dann inner­halb der Fris­ten eine Rück­kehr erfol­gt, ent­fällt die Steuerpflicht.

Wie bere­its oben erwäh­nt, wird es kün­ftig möglich sein, die Steuer­last auf Antrag in Rat­en zu bezahlen. Diese Raten­zahlungsmöglichkeit ent­fällt allerd­ings, wenn die Geschäft­san­teile auf einen Drit­ten über­tra­gen wer­den, egal wo dieser Dritte seinen Sitz hat. Eine Aus­nahme ist lediglich die Über­tra­gung im Todesfalle.

Weit­er­hin führen Gewin­nauss­chüt­tun­gen oder Ein­la­gen­rück­zahlun­gen ab einem Vol­u­men von 25 % des Wertes des Anteils zu ein­er sofor­ti­gen Fäl­ligkeit der Steuer. Dies kann natür­lich dazu führen, dass zur Ver­mei­dung dieser Steuer­last zukün­ftige Auss­chüt­tun­gen nicht vorgenom­men wer­den und das Ver­mö­gen in der Gesellschaft verbleibt.

Wie bere­its oben aus­ge­führt, beste­ht die Möglichkeit die Steuer­last im Falle des Wegzuges auf 7 Jahres­rat­en zu erstreck­en, wenn entsprechende Sicher­heit geleis­tet wird. Welche Form der Sicher­heit erforder­lich ist, muss sich in Zukun­ft zeigen. Nach Ansicht der Finanzver­wal­tung einiger Bun­deslän­der kön­nen die Anteile als solche grund­sät­zlich nicht als Sicher­heit akzep­tiert wer­den. Der Steuerpflichtige müsste dann also eine ander­weit­ige werthaltige Sicher­heit (z.B. Immo­bilien) anbi­eten können.

Die Finanzver­wal­tung hat bei der Ein­forderung der Sicher­heit­en ein Ermessensspiel­raum. Unter dem Aspekt der Kap­i­talverkehrs- und Nieder­las­sungs­frei­heit nach dem Europäis­chen Recht spricht vieles dafür, dass inner­halb der EU/EWR keine Sicher­heit ver­langt wer­den kann. Inner­halb dieses Bere­ich­es gilt näm­lich die EU-Beitrei­bungsrichtlin­ie, so dass kein Risiko für das Steuer­aufkom­men beste­ht. Ob die Finanzver­wal­tung dieser Ansicht fol­gt, wird sich zeigen, gegebe­nen­falls wird es hier sicher­lich Rechtsmit­telver­fahren geben.

Recht­san­walt Dr. Giesel­er emp­fahl, dies zu beacht­en und in allen Zweifels­fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

 

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