Pressemit­teilung des BFH Nr. 12 vom 06.03.2019

Vors­teuer­abzug beim Anlage­be­trug mit nicht existieren­den Blockheizkraftwerken

Urteil vom 5.12.2018 XI R 44/14

Der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) hat durch Urteil vom 5. Dezem­ber 2018 XI R 44/14 entsch­ieden, dass der Vors­teuer­abzug aus ein­er geleis­teten Vorauszahlung dem Erwer­ber eines (später nicht geliefer­ten) Block­heizkraftwerks nicht zu ver­sagen ist, wenn zum Zeit­punkt der Zahlung die Liefer­ung als sich­er erschien. Erforder­lich ist hier­für, dass alle maßge­blichen Ele­mente der zukün­fti­gen Liefer­ung als ihm bekan­nt ange­se­hen wer­den kon­nten und anhand objek­tiv­er Umstände nicht erwiesen ist, dass er zu diesem Zeit­punkt wusste oder vernün­ftiger­weise hätte wis­sen müssen, dass die Bewirkung dieser Liefer­ung unsich­er war.

Der Kläger hat­te für den Erwerb eines Block­heizkraftwerks den Kauf­preis an eine Verkäuferin (A‑GmbH) im Voraus gezahlt. Zur Liefer­ung, Ver­pach­tung und zum Betrieb des Block­heizkraftwerks kam es –wie auch in zahlre­ichen anderen Fällen– nicht. Die Ver­ant­wortlichen der A‑Firmengruppe hat­ten tat­säch­lich niemals beab­sichtigt, die Block­heizkraftwerke zu liefern. Sie hat­ten vielmehr ein betrügerisches „Schnee­ball­sys­tem“ aufge­baut und wur­den hier­für später strafrechtlich verurteilt. Die von der A‑GmbH ver­meintlich als monatliche Pacht an den Käufer getätigten Zahlun­gen zzgl. Umsatzs­teuer meldete der Kläger an und führte die Umsatzs­teuer an das Finan­zamt (FA) ab. Kurze Zeit später wurde die A‑GmbH insolvent.

Das FA ließ den vom Kläger gel­tend gemacht­en Vors­teuer­abzug aus der geleis­teten Kauf­preiszahlung nicht zu. Das Finanzgericht gab der Klage statt. Der BFH, der im Revi­sionsver­fahren Zweifel an der zutr­e­f­fend­en Ausle­gung der ein­schlägi­gen europäis­chen Mehrw­ert­s­teuer­sys­tem­richtlin­ie hat­te, legte dem Gericht­shof der Europäis­chen Union (EuGH) Fra­gen zur Vor­abentschei­dung vor.

Nach dem Erge­hen des EuGH-Urteils „Koll­roß“ vom 31. Mai 2018 C‑660/16 wies der BFH die Revi­sion des FA nun als unbe­grün­det zurück. Dem Kläger ste­ht als Unternehmer der stre­it­ige Vors­teuer­abzug zu. Zum Zeit­punkt sein­er Zahlung erschien die ver­sproch­ene Liefer­ung als sich­er, weil alle maßge­blichen Ele­mente der zukün­fti­gen Liefer­ung als dem Kläger bekan­nt ange­se­hen wer­den kon­nten, und er zu diesem Zeit­punkt wed­er wusste oder vernün­ftiger­weise hätte wis­sen müssen, dass die Bewirkung dieser Liefer­ung unsich­er war. Schließlich hat der Kläger den Vors­teuer­abzug auch nicht (nachträglich) zu berichti­gen, da die A‑GmbH den von ihm geleis­teten Kauf­preis nicht zurück­gezahlt hat. Die Vors­teuer­berich­ti­gung ist offenkundig unangemessen und daher aus­geschlossen, wenn ein Erwer­ber nach ein­er Berich­ti­gung von der Steuer­be­hörde die Erstat­tung der auf eine der­ar­tige Berich­ti­gung ent­fal­l­en­den Steuer beanspruchen könnte.

Entsprechende Entschei­dun­gen ergin­gen in den Par­al­lelver­fahren XI R 8/14 und XI R 10/16. Zur Einkom­men­steuer hat­te der BFH hin­sichtlich des die A‑GmbH betr­e­f­fend­en Anlage­be­trugs mit Block­heizkraftwerken im sog. Ver­wal­tungsver­tragsmod­ell bere­its mit Urteil vom 7. Feb­ru­ar 2018 X R 10/16 entsch­ieden, dass der Ver­lust des Kap­i­tals bei den Einkün­ften aus Gewer­be­be­trieb zu berück­sichti­gen sein kann (Pressemit­teilung Nr. 24 vom 14. Mai 2018).

siehe auch: Urteil des XI. Sen­ats vom 5.12.2018 — XI R 10/16 -, Urteil des XI. Sen­ats vom 5.12.2018 — XI R 44/14 -, Urteil des XI. Sen­ats vom 5.12.2018 — XI R 8/14 -, Urteil des X. Sen­ats vom 7.2.2018 — X R 10/16 -, Pressemit­teilung Nr. 24/18 vom 14.5.2018, Beschluss (EuGH-Vor­lage) des XI. Sen­ats vom 21.9.2016 — XI R 44/14

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