(Kiel) Der Bun­des­fi­nanzhof (BFH) hat soeben erst­mals genaue Berech­nungspa­ra­me­ter für die Ermit­tlung ein­er dop­pel­ten Besteuerung von Renten festgelegt.

Darauf ver­weist der Kiel­er Steuer­ber­ater Jörg Pas­sau, Vizepräsi­dent und geschäfts­führen­des Vor­standsmit­glied der DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. in Kiel unter Hin­weis auf die Pressemit­teilung des BFH vom 31. Mai 2021 zu seinem Urteil vom 19.05.2021 — X R 33/19.

Zwar hat­te die Revi­sion des Klägers – der eine seit dem Jahr 2007 laufende Rente mit entsprechend hohem Renten­frei­be­trag bezieht – keinen Erfolg. Allerd­ings ergibt sich auf der Grund­lage der Berech­nungsvor­gaben des BFH, dass spätere Rent­ner­jahrgänge von ein­er dop­pel­ten Besteuerung ihrer Renten betrof­fen sein dürften. Dies fol­gt daraus, dass der für jeden neuen Rent­ner­jahrgang gel­tende Renten­frei­be­trag mit jedem Jahr klein­er wird. Er dürfte daher kün­ftig rech­ner­isch in vie­len Fällen nicht mehr aus­re­ichen, um die aus ver­s­teuertem Einkom­men geleis­teten Teile der Renten­ver­sicherungs­beiträge zu kompensieren.

Im Stre­it­fall war der Kläger während sein­er aktiv­en Erwerb­stätigkeit über­wiegend selb­ständig als Steuer­ber­ater tätig. Auf seinen Antrag hin war er in der geset­zlichen Renten­ver­sicherung ver­sicherungspflichtig. Er zahlte seine Renten­beiträge größ­ten­teils aus eigen­em Einkom­men. Dabei kon­nte er diese Aufwen­dun­gen nur begren­zt als Son­der­aus­gaben abziehen, also nur zum Teil „steuer­lich abset­zen“. Seit 2007 erhält der Kläger eine Alter­srente. Im vor­liegen­den Ver­fahren wandte er sich gegen deren Besteuerung im Jahr 2008. Das Finan­zamt hat­te – entsprechend der geset­zlichen Über­gangsregelung – 46 % der aus­gezahlten Rente als steuer­frei behan­delt und die verbleiben­den 54 % der Einkom­men­steuer unter­wor­fen. Der Kläger hat eine eigene Berech­nung vorgelegt, nach der er rech­ner­isch deut­lich mehr als 46 % sein­er Renten­ver­sicherungs­beiträge aus seinem bere­its ver­s­teuerten Einkom­men geleis­tet hat. Nach sein­er Auf­fas­sung liegt deshalb eine ver­fas­sungswidrige dop­pelte Besteuerung von Teilen sein­er Rente vor. Das Finanzgericht sah dies anders und wies die Klage ab.

Auch der BFH ist der Auf­fas­sung des Klägers nicht gefol­gt. Vielmehr hält er an sein­er bish­eri­gen, vom Bun­desver­fas­sungs­gericht (BVer­fG) bestätigten Recht­sprechung zur Rentenbesteuerung fest, nach der sowohl der mit dem Alter­seinkün­ftege­setz ein­geleit­ete Sys­temwech­sel zur nachge­lagerten Besteuerung von Alters­bezü­gen als auch die geset­zlichen Über­gangsregelun­gen im Grund­satz ver­fas­sungskon­form sind. Klar ist danach aber auch, dass es im konkreten Einzelfall nicht zu ein­er dop­pel­ten Besteuerung von Renten kom­men darf. Eine solche dop­pelte Besteuerung wird ver­mieden, wenn die Summe der voraus­sichtlich steuer­frei bleiben­den Renten­zu­flüsse (kurz: steuer­freier Renten­bezug) min­destens eben­so hoch ist wie die Summe der aus dem bere­its ver­s­teuerten Einkom­men aufge­bracht­en Renten­ver­sicherungs­beiträge. Der Auf­fas­sung der Kläger, nach der die zwis­chen der früheren Beitragszahlung und dem heuti­gen bzw. kün­fti­gen Renten­bezug ein­tre­tende Gelden­twer­tung im Rah­men der Berech­nung zu berück­sichti­gen sei, fol­gte der Sen­at nicht. Für eine solche Abwe­ichung vom sog. Nom­i­nal­w­ert­prinzip sah er wed­er im Einkom­men­steuer­recht noch im Ver­fas­sungsrecht eine Grund­lage. Infolgedessen kön­nen Wert­steigerun­gen der Renten — unab­hängig davon, ob sie infla­tions­be­d­ingt sind oder eine reale Erhöhung darstellen — besteuert werden.

Erst­mals hat der X. Sen­at jet­zt konkrete Berech­nungspa­ra­me­ter für die Ermit­tlung ein­er etwaigen dop­pel­ten Besteuerung von Renten fest­gelegt. Dabei hat er klargestellt, dass zum steuer­freien Renten­bezug nicht nur die jährlichen Renten­frei­be­träge des Renten­beziehers, son­dern auch die eines etwaig länger leben­den Ehe­gat­ten aus dessen Hin­terbliebe­nen­rente zu rech­nen sind.

Alle anderen Beträge, die die Finanzver­wal­tung eben­falls als „steuer­freien Renten­bezug“ in die Ver­gle­ich­srech­nung ein­beziehen möchte, bleiben allerd­ings nach Auf­fas­sung des BFH unberück­sichtigt. Sie dienen anderen – über­wiegend ver­fas­sungsrechtlich gebote­nen und daher für den Geset­zge­ber nicht dis­pos­i­tiv­en – Zweck­en und kön­nen daher nicht nochmals herange­zo­gen wer­den, um eine dop­pelte Besteuerung von Renten rech­ner­isch zu ver­mei­den. Damit bleibt ins­beson­dere auch der sog. Grund­frei­be­trag, der das steuer­liche Exis­tenzmin­i­mum jedes Steuerpflichti­gen sich­ern soll, bei der Berech­nung des „steuer­freien Renten­bezugs“ unberück­sichtigt. Für die Ermit­tlung des aus ver­s­teuertem Einkom­men aufge­bracht­en Teils der Renten­ver­sicherungs­beiträge hat der X. Sen­at eben­falls konkrete Berech­nungspa­ra­me­ter formuliert.

Bei Anwen­dung dieser Berech­nungs­grund­sätze kon­nte die Revi­sion der Kläger keinen Erfolg haben. Angesichts des noch recht hohen Renten­frei­be­trags von 46 % der Renten­bezüge des Klägers ergab sich keine dop­pelte Besteuerung. Diese zeich­net sich allerd­ings für spätere Rent­ner­jahrgänge, für die der Renten­frei­be­trag nach der geset­zlichen Über­gangsregelung immer weit­er abgeschmolzen wird, ab. Denn auch diese Rent­ner­jahrgänge haben erhe­bliche Teile ihrer Renten­beiträge aus ver­s­teuertem Einkom­men geleistet.

Pas­sau emp­fahl, dies zu beacht­en und bei Fra­gen auf jeden Fall Recht­srat einzu­holen, wobei er in diesem Zusam­men­hang u. a. auch auf die DASV Deutsche Anwalts- und Steuer­ber­ater­vere­ini­gung für die mit­tel­ständis­che Wirtschaft e. V. – www.mittelstands-anwaelte.de  — verwies.

 

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