Pressemit­teilung des BFH Nr. 17 vom 27. März 2019

Beset­zungs­man­gel bei Dop­pel­präsi­dentschaft in unter­schiedlichen Gerichtszweigen 

Beschluss vom 14.3.2019 V B 34/17

Ist der Präsi­dent eines Finanzgerichts (FG) zugle­ich Gericht­spräsi­dent in ein­er anderen Gerichts­barkeit, ohne dass der Geschäftsverteilungs­plan erken­nen lässt, mit welchem Bruchteil sein­er Arbeit­skraft der Präsi­dent seinem Sen­at im FG zugewiesen ist, so ist sein Sen­at als erken­nen­des Gericht nicht ord­nungs­gemäß beset­zt. Nach dem Beschluss des Bun­des­fi­nanzhofs (BFH) vom 14. März 2019 V B 34/17 ist die unter dem Vor­sitz des Präsi­den­ten getrof­fene Entschei­dung dann wegen eines absoluten Revi­sion­s­grun­des gemäß § 119 Nr. 1 der Finanzgericht­sor­d­nung auf entsprechende Rüge aufzuheben.

Im Stre­it­fall machte der Kläger vor dem FG den Erlass von Umsatzs­teuer aus sach­lichen Bil­ligkeits­grün­den gel­tend. Das FG gab der Klage unter dem Vor­sitz des FG-Präsi­den­ten statt, ohne die Revi­sion zuzu­lassen. Mit ein­er Nichtzu­las­sungs­beschw­erde wen­dete das beklagte Finan­zamt (FA) hierge­gen ein, dass das FG nicht ord­nungs­gemäß beset­zt gewe­sen sei. Das Urteil des FG sei unter dem Vor­sitz des FG-Präsi­den­ten ergan­gen, der zugle­ich Präsi­dent eines Oberver­wal­tungs­gerichts gewe­sen sei und den Vor­sitz in ins­ge­samt fünf Sen­at­en geführt habe. Es sei nicht nachvol­lziehbar, wie der FG-Präsi­dent bei der Leitung von zwei Oberg­ericht­en und fünf Sen­at­en den sich hier­aus ergeben­den Anforderun­gen nachkom­men könne. 

Auf die Rüge des FA hob der BFH das Urteil des FG wegen eines Beset­zungs­man­gels in der Per­son des FG-Präsi­den­ten auf und ver­wies die Sache an das FG zurück. Der BFH betonte dabei, das Ver­trauen in die Sach­lichkeit der Entschei­dungs­find­ung müsse gewährleis­tet sein. Dies set­ze bei ein­er Dop­pel­präsi­dentschaft for­mal einen Geschäftsverteilungs­plan voraus, aus dem sich ergebe, mit welchem Teil sein­er Arbeit­skraft der FG-Präsi­dent seinem FG-Sen­at zugewiesen sei. Nur dann könne beurteilt wer­den, ob der FG-Präsi­dent entsprechend dem Leit­bild eines Richter­präsi­den­ten im erforder­lichen Umfang sein­er spruchrichter­lichen Tätigkeit­en nachkomme. Der BFH sah dabei eine Zuweisung im Umfang von min­destens 50 % der Arbeit­skraft zur Sen­at­sar­beit im FG als erforder­lich an.

Da der Geschäftsverteilungs­plan des FG hierzu keine Angaben enthielt, bejahte der BFH bere­its aus diesem Grund den Beset­zungs­man­gel. Ob eine Dop­pel­präsi­dentschaft bei Gericht­en unter­schiedlich­er Gerichts­barkeit­en über­haupt zuläs­sig ist, war nicht zu entschei­den. Der BFH betonte allerd­ings die Bedeu­tung der Finanzgerichts­barkeit als eigen­ständi­ger Fachgerichtsbarkeit.

Das FG Meck­len­burg-Vor­pom­mern hat nun­mehr in einem zweit­en Rechts­gang seine Entschei­dung unter dem Vor­sitz des geschäft­s­plan­mäßi­gen Vertreters des FG-Präsi­den­ten zu tre­f­fen. Hier­für wies der BFH vor­sor­glich auf eine Rei­he materiell-rechtlich­er Aspek­te hin, denen das FG nachzuge­hen hat.

siehe auch: Beschluss des V. Sen­ats vom 14.3.2019 — V B 34/17 -

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